Vergabe- und Nachprüfungsverfahren

Wenn zwei einen Vertrag schließen möchten, freut sich manchmal der Dritte

Das mittelständische Unternehmen stellt u. a.
Fertigbäder höchster Qualität für Studentenwohnheime, Hotels, Krankenhäuser und ähnliche Bauvorhaben her. Die Vorzüge liegen in den vielen
seriellen Gestaltungsmöglichkeiten, der Schnelligkeit
des Badeinbaus sowie den dünnen, aber dennoch stabilen Wandelementen aus Beton. Der Mittelständler
aus Hildesheim wird bei Konflikten bau- oder vergaberechtlicher Natur mit Auftraggebern seit 2020 häufig vom Berliner Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Timm Schoof beraten.
Eine interessante vergaberechtliche Auseinandersetzung begann 2023. Ein öffentlicher Auftraggeber aus München schrieb Fertignasszellen für einen
Neubau aus. Kerapid gab ein Angebot ab – den Zuschlag sollte jedoch ein Konkurrent erhalten. Dagegen sprach, dass in den Vergabeunterlagen von dem Auftraggeber ein technisches Detail gefordert war,
das der Mitbewerber gar nicht liefern konnte. Dessen war sich Kai Krüger, Geschäftsführer bei Kerapid,
sicher. Auf Grundlage dieser Argumentation wurde
die Auseinandersetzung mit dem damals uneinsichtigen Auftraggeber geführt. Die Rechtsanwälte Marco
Hohensee und Timm Schoof aus dem Berliner Büro
zogen für die Mandantin vor die Vergabekammer
Südbayern. Der Auftraggeber scheute jedoch die Auseinandersetzung vor der Vergabekammer und »flüchtete« sich in die Aufhebung des Verfahrens – ein bei Auftraggebern und manchen Beratern durchaus beliebter Ausweg, gegen den man sich prozessual nur schwierig wehren kann.
Neues Verfahren, neues Glück? Der Auftrag
wurde erneut ausgeschrieben. Nach einem langwierigen Vergabeverfahren sollte aber nun Kerapid den Zuschlag erhalten! Doch dann »rächte« sich die
ursprünglich für den Zuschlag im ersten Verfahren vorgesehene Mitbieterin
mit einem eigenen Nachprüfungsantrag. Die Vergabekammer Südbayern teilte in einem ungewöhnlich frühen und deutlichen Hinweis mit,
dass die Mitbewerberin mit ihrem Nachprüfungsantrag wohl keine Aussicht
auf Erfolg hätte, wollte ihr jedoch gleichwohl Akteneinsicht gewähren. Kerapid wehrte sich gegen dieses
Akteneinsichtsbegehren unverzüglich: Auf dem europäischen Markt für Fertignasszellen tummelt sich lediglich eine Handvoll Anbieter. Die Mitbewerber und ihre Produkte sind grundsätzlich gut bekannt, daher
ist in diesem überschaubaren Markt jedes nicht offensichtliche technische Detail entscheidend und sollte
nicht ohne Weiteres der Konkurrenz offenbart werden.
Tatsächlich hätte das Angebot der Antragstellerin bereits zuvor aus dem Vergabeverfahren ausgeschlossen
werden müssen, was technisch belegt werden konnte.
Der Nachprüfungsantrag als solcher ist somit unzulässig, daher kann auch keine Akteneinsicht verlangt
werden. Die Auftraggeberin nahm hier den Ball auf,
überprüfte das Angebot erneut – und schloss den Mitbewerber aus. Die Vergabekammer tut das Richtige
und beschäftigt sich eingehend mit dieser Frage, bevor
sie gegebenenfalls ohne Grund eine ungerechtfertigte
Akteneinsicht gewährt. Die Mitbewerberin zieht daraufhin die Konsequenzen aus ihrer schlechten Lage,
nimmt den Antrag zurück und muss die Kosten des
Verfahrens tragen.
Kerapid erhält sodann den Zuschlag, ohne dass
einem Mitbewerber Details über die eigenen Produkte
mitgeteilt wurden. »Wir waren erleichtert und haben
uns gefreut, dass das Leinemann-Team uns in diesem
Verfahren zum Erfolg führen konnte«, so Kerapid-Geschäftsführer Kai Krüger. Zwei Vergabe- und zwei
Nachprüfungsverfahren haben einen vollen Erfolg für
unsere Mandantin und uns gebracht.