Unerfahrene Betrachter dürften die Technik für das Problem halten: 40 Meter lange Metallrohre, jedes etwa fünf Meter dick, punktgenau 30 Meter tief in den Meeresgrund rammen, vom Schiff aus, bei Wassertiefen zwischen 25 und 35 Metern – das muss man erst einmal hinbekommen, 32 Mal.
Das war ein Teil der technischen Leistung, die für den Trianel-Windpark Borkum II gefordert war, rund 45 Kilometer nördlich von Borkum in der Nordsee. Im Juni 2018 setzten Arbeiter von einem Schwerlast-Montageschiff aus mit einem Hydraulikhammer den ersten Rammschlag, zwei Jahre später, Anfang Juli 2020, ging der gesamte Windpark in Betrieb.
Die eigentlichen Probleme aber waren rechtlicher und wirtschaftlicher Natur. Erfahrene Unternehmen wissen dies natürlich und lassen sich bei der Auftragsabwicklung fachlich-juristisch begleiten. Deshalb hatte die Smulders Projects Belgium N.V. das Offshore-Team von Leinemann Partner mit der Rechtsberatung beauftragt. Smulders stellte gemeinsam mit einem Konsortialpartner jene Säulen her, sogenannte Monopiles, die dann von den Montageunternehmen auf See eingebaut worden sind.
Von Smulders stammen auch die imposanten, 30 Meter hohen, stählernen Verbindungsstücke, die über die Säulenstümpfe im Meeresboden gestülpt und 120-fach mit ihnen verschraubt werden. Die Verbindungs- oder Übergangsstücke führen die ganze Unterkonstruktion der einzelnen Windräder über die Meeresoberfläche, tragen eine Anlegestelle für Wartungsschiffe und am oberen Ende eine äußere Plattform. Auch ihren Anteil an der Elektroinstallation in einem innenliegenden Käfig bringen die Verbindungsstücke bereits mit.
Erst der weiterhin sichtbare Turm der Windanlage mit der oben anmontierten Gondel und der Windturbine gehört zum Leistungsumfang eines anderen Unternehmens, das nach Smulders tätig wird.
In der Bauphase traten Probleme auf, die bei Offshore-Wind-Projekten immer wieder für Verzögerungen und Mehrkosten sorgen. So war zunächst unklar, nach welchen Regelwerken der Korrosionsschutz auf den Stahlteilen aufzubringen war. Dann musste der Auftraggeber die Pläne für die Elektroinstallation in den Verbindungsstücken überarbeiten. Während bei der Lieferung der ersten Hälfte der Bauteile die Zeit knapp war, konnte die zweite Tranche längere Zeit nicht aufs Schiff verladen werden. Die Offshore-Arbeiten des dortigen Unternehmers waren nicht weit genug vorangeschritten.
Zu allem Überfluss stellte dann auch noch der vom Bauherrn Trianel beauftragte Hersteller der Windturbinen, die Firma Senvion, am 9. April 2019 einen Insolvenzantrag, was enorme Probleme brachte und den gesamten Zeitplan durcheinanderwirbelte. Eine nicht ganz untypische Situation, in der viele separat beauftragte Unternehmen, deren Gewerke ineinandergreifen, mit Störungen zurechtkommen müssen, für die sie keine Verantwortung tragen.
Gemeinsam mit der Projektleitung des Mandanten Smulders kümmerte sich das Leinemann-Team, bestehend aus Petra Gorny, Anuschka Pauly, Ralf Leinemann und Andreas Jacob, zunächst darum, dass die Leistungen von Smulders abgenommen werden konnten. Wie so üblich bei Offshore-Projekten, waren alle Vertragsdokumente auf Englisch abgefasst, wobei auch englisches Rechtsdenken eingeflossen war. Allerdings galt für das gesamte Projekt deutsches Recht, weil ein deutscher Bauherr alles verantwortete. Weil bei solchen Projekten immer eine Vielzahl von Unternehmen aus mehreren europäischen Ländern zusammenwirkt, überwiegt Englisch als Vertragssprache.
Die Vertragskonstruktionen leiden aber manchmal darunter, dass die englische und die deutsche Rechtssprache nicht einfach durch Übersetzung synchronisiert werden können. Wenn dann etwa ein holländisches Unternehmen den auf deutschem Recht beruhenden englischen Vertragstext anders auslegt als sein belgischer oder italienischer Vertragspartner, sind Missverständnissen und Konflikten Tür und Tor geöffnet.
Dirk T’jampens, Projektleiter bei Smulders, war daher auch froh über die rechtliche Begleitung: „Wir haben uns in dieser Phase vor Abnahme und bei Aufstellung unserer Schlussrechnung inklusive der Nachtragsforderungen von unseren Leinemann-Anwälten immer sicher und kompetent begleitet gefühlt.“ Alex Peeters, General Counsel von Smulders, betont, dass „die einvernehmliche Lösung aller wechselseitigen Ansprüche zum Abschluss des Projekts maßgeblich auch der umfassenden rechtlichen Aufarbeitung der Sache durch Leinemann Partner zu verdanken“ war.
Mittlerweile haben sogar die größten Ölkonzerne angekündigt, verstärkt in erneuerbare Energien zu investieren, vorrangig in Offshore-Windenergie. Die Branche erwartet daher in den nächsten Jahren viele neue und interessante Projekte in diesem Bereich. Auf das Offshore-Team von Leinemann Partner, das in den vergangenen Jahren für unterschiedliche Mandanten bereits mehrere solcher Projekte begleitet hat, könnten reizvolle Offshore-Aufgaben zukommen.