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Referenzen - Eignungsleihe vs. Selbstausführungsgebot

Im Rahmen eines jeden Vergabeverfahrens nimmt die Prüfung der Eignungskriterien stets eine zentrale Rolle ein. Hierbei kommt es immer wieder zu Fragestellungen rund um das Thema Referenzen. Auch die Vergabekammer Südbayern musste sich in ihrem Beschluss vom 06.07.2022 (Az. 3194.Z3-3_01-21-72) hiermit, insbesondere den Grenzen der Eignungsleihe, bei der sich der Bieter zum Nachweis seiner Eignung auf andere Unternehmen stützt, auseinandersetzen.

Sachverhalt

Die Auftraggeberin schrieb Leistungen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) aus. Die Bieter hatten zum Beleg ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit Referenzen über ausgeführte Dienstleistungsaufträge im SPNV vorzulegen, wobei mindestens 70% der Leistungen selbst erbracht werden musste. Sofern sich ein Bieter dabei einer Eignungsleihe bedienen wollte, musste eine Verpflichtungserklärung beigefügt werden, aus der hervorgeht, dass der Bieter tatsächlich über die Erfahrungen des Dritten verfügen kann. Neben der Antragstellerin hatte u.a. die neu gegründete Beigeladene ein Angebot abgegeben, die sich dabei auf Referenzen ihrer Mutter- und Großmuttergesellschaft als eines der größten europäischen Eisenbahnverkehrsunternehmen berief. Nachdem die Antragstellerin gemäß § 134 GWB darüber informiert wurde, dass ihr Angebot nicht berücksichtigt werden und der Zuschlag auf die Beigeladene erfolgen sollte, rügte sie zunächst die Zuschlagserteilung und stellte anschließend einen Nachprüfungsantrag. Dabei verwies sie vor allem darauf, dass die Beigeladene die geforderten Referenzen nicht vorlegen könne.

Entscheidung

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin war im Ergebnis erfolgreich. Die Vergabekammer stellte fest, dass sich ein Wirtschaftsteilnehmer zwar im Rahmen einer Eignungsleihe auf die Leistungsfähigkeit eines anderen Unternehmens stützen könne, für Nachweise hinsichtlich der beruflichen Erfahrung würde § 47 Abs. 1, S. 3 VgV jedoch die Einschränkung vorsehen, dass das Unternehmen diese Leistungen auch tatsächlich erbringen müsse. Dies gelte hinsichtlich der einschlägigen beruflichen Erfahrung und insbesondere auch für die Berufung auf Referenzen. Da die Auftraggeberin Referenzen über Leistungen im SPNV gefordert habe, müsse bei einer Eignungsleihe die Mutter- bzw. Großmuttergesellschaft der Beigeladenen als Eignungsgeberin auch die gesamten von der Referenz umfassten Leistungen ausführen. Aufgrund des nach Art. 4 Abs. 7 der Verordnung (EG) 1370/2007 zulässigerweise festgelegten Selbstausführungsgebot von 70% bzgl. eines bedeutenden Teils der öffentlichen Personenverkehrsdienste könne die Beigeladene auch als Newcomerin in diesem Umfang jedoch keine Eignungsleihe betreiben. Der Ansicht der Beigeladenen, wonach es gem. § 47 Abs. 1, S. 3 VgV anstatt einer vollständigen Leistungserbringung ausreichend sei, dass der Eignungsgeber lediglich durch Führungspersonal den Teil der Leistungen erbringt, über den die erforderlichen Erfahrungen vermittelt wird und damit eine hinreichende Gewähr für eine Durchführung der ausgeschriebenen Leistungen in angemessener Qualität sicherstellt, könne nicht gefolgt werden. Selbst wenn man eine solche einschränkende Auslegung, die dann nicht mit der geforderten Selbstausführungsquote in Konflikt käme, annähme, sei stets der Inhalt der Verpflichtungserklärung zu prüfen. Ein allgemeines Berufen darauf, dass Mitarbeitende der eignungsverleihenden Unternehmen, die an den entsprechenden Referenzaufträgen beteiligt waren, dem neu gegründeten Tochterunternehmen über den gesamten Leistungszeitraum irgendwie zur Verfügung stehen, genüge den Anforderungen an eine Eignungsleihe dabei jedenfalls nicht. Der Auftraggeberin wurde daher untersagt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen.

Fazit

Die Entscheidung der Vergabekammer zeigt deutlich, dass Bieter das Thema Referenzen bei der Angebotsabgabe nicht auf die leichte Schulter nehmen sollten. Auch wenn im Rahmen der Nachforderung von Unterlagen gewisse Unzulänglichkeiten grundsätzlich geheilt werden können, sollten statt für eine Vielzahl von Fällen entworfene Referenznachweise stets auf das konkrete Vergabeverfahren angepasste Nachweise und Erklärungen mit dem Angebot übermittelt werden.

Autor

Mark von Dahlen

Mark von Dahlen