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Die Symptomrechtsprechung gilt auch im Gewerberaummietrecht

„Der Mieter genügt seiner Darlegungslast (…) bereits mit der Darlegung eines konkreten Sachmangels, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt. Das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung (…) braucht der Mieter nicht vorzutragen. Von ihm ist auch nicht zu fordern, dass er über eine hinreichende Beschreibung der Mangelerscheinungen („Mangelsymptome“) hinaus die – ihm häufig nicht bekannte – Ursache dieser Symptome bezeichnet. (Amtlicher Leitsatz)“

BGH, Beschluss vom 27.07.2016 XII ZR 59/14

Der Mieter mietete vom Vermieter Räumlichkeiten zum Betrieb einer Gastronomie mit Beginn zum 01.06.2011. Der Mieter macht geltend, dass sowohl die Heizung als auch das Zu- und Abluftsystem nicht ordnungsgemäß funktioniert haben und im gesamten Mietzeitraum in den angemieteten Gasträumen keine Temperaturen von über 18 Grad hätten erzeugt werden können. Wegen der unzureichenden Beheizung und Belüftung minderte der Mieter für den Zeitraum vom Januar bis Juli 2012 die Miete. Der Vermieter verlangt nun Zahlung der rückständigen Gewerberaummiete. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, dass der Mieter weder hinsichtlich des Mangels an der Heizungsanlage noch hinsichtlich des fehlerhaften Belüftungssystems schlüssig und substantiiert vorgetragen habe. Hiergegen wendet sich der Mieter mit der Revision.

Mit Erfolg! Der Vortrag des Mieters ist nicht unsubstantiiert. Nach Auffassung des BGH hat das Berufungsgericht den Anspruch des Mieters auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, weil es die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und dadurch versäumt hat, den entscheidungserheblichen Sachvortrag des Mieters in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen. Eine Partei genügt bei einem von ihr zur Rechtsverteidigung gehaltenen Sachvortrag ihren Substantiierungspflichten, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das von der anderen Seite geltend gemachte Recht als nicht bestehend erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Da die Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB kraft Gesetzes eintritt, genügt der Mieter seiner Darlegungslast schon mit der Darlegung eines konkreten Sachmangels, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt. Das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung oder einen konkreten Minderungsbetrag braucht er hingegen nicht vorzutragen. Von ihm ist auch nicht zu fordern, dass er über eine hinreichend genaue Beschreibung der Mangelerscheinungen („Mangelsymptome“) hinaus die, ihm häufig nicht bekannte, Ursache dieser Symptome bezeichnet. Ein konkreter Sachmangel in Form einer nicht funktionierenden Heizungs- und Lüftungsanlage ist schon dann vorgetragen, wenn der Mieter angibt, in welchem Zeitraum adäquate Raumtemperaturen nicht erreicht werden konnten. Weitere Einzelheiten sind von dem Mieter nicht zu fordern, denn wieviel Grad die Raumtemperatur im Einzelfall betrug ist eine Quantifizierung der Gebrauchsbeeinträchtigung, die der Mieter nicht vortragen muss.

Fazit:  

Der Mieter hat grundsätzlich das Vorliegen des Mangels sowie die Beeinträchtigung der Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch darzulegen und zu beweisen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist insoweit eine genaue Bezeichnung der Mangelerscheinungen durch den Mieter ausreichend, wobei die Anforderungen hieran nicht überspannt werden dürfen (Symptomtheorie). Eine Bezeichnung der Mangelursache ist nicht notwendiger Bestandteil des Sachvortrages. Genaue technische Erläuterungen sind entbehrlich.

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