News | Newsletter | Neues zum Immobilienrecht 02/2019
Die neue Mietpreisbremse – Rückblick und Ausblick in die Zukunft
Mit Beginn des neuen Jahres ist ein Gesetz in Kraft getreten, das Vermieter nicht allzu sehr erfreuen dürfte: Das „Gesetz zur Ergänzung der Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn und zur Anpassung der Regelungen über die Modernisierung der Mietsache (Mietrechtsanpassungsgesetz – MietAnpG)“. Dieses Gesetz stellt eine Reform der seit dem 01. Juni 2015 bestehenden Mietrechtsnovellierungsgesetz (MietNovG), besser bekannt als die Mietpreisbremse, dar. Hierin wurden damals eine Reihe von Gesetzesänderungen beschlossen, die dem immer weiter fortschreitenden Anstieg der Mietpreise in Ballungsgebieten Einhalt gebieten und Mietern mit geringem bis mittleren Einkommen den Zugang zum Wohnungsmarkt erleichtern sollten. Über die Hintergründe dieser Reform, ihre Folgen und was die Zukunft bringen wird, soll hier ein Überblick gegeben werden.
Die zentrale Rolle spielt der mit dem MietNovG eingeführte § 556d BGB. Hierin werden die Landesregierungen der Bundesländer dazu ermächtigt, per Rechtsverordnung „Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten“ zu bestimmen, mit der Folge, dass eine Mieterhöhung bei einer Neuvermietung in einem solchen Gebiet die ortsübliche Vergleichsmiete nur um höchstens 10 % übersteigen darf. Die Verordnungen gelten gem. § 556d Abs. 2 BGB höchstens 5 Jahre und müssen spätestens am 31. Dezember 2020 in Kraft treten. Somit besteht die Mietpreisbremse nach derzeitigem Rechtsstand maximal bis Ende 2025, sofern der Gesetzgeber diese Frist nicht erneuert.
Was die Wirksamkeit der Mietpreisbremse als Instrument zur Eindämmung des Mietpreisanstiegs in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten angeht, so lässt sich rückblickend sagen, dass sie wohl nicht den gewünschten Erfolg herbeigeführt hat. Bereits ein Jahr nach Inkrafttreten ergaben Studien, dass sie die Entwicklung nicht gebremst hat, sondern kurzfristig sogar beschleunigt hat („Ein Jahr nach Inkrafttreten: Mietpreisbremse wirkt nicht wie erhofft“, Pressemitteilung des DIW Berlin vom 01.06.2016; „Mietpreisbremse: Wissen, praktische Hürden und Befürchtungen von Mieterinnen und Mietern“, Faktenblatt erstellt von der ConPolicy GmbH im Auftrag des BMJV vom 28.06.2018).
Vor diesem Hintergrund wurde im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode vereinbart, dass die bisher geltende Mietpreisbremse „bis Ende 2018 auf Geeignetheit und Wirksamkeit bewertet“ werden sollte (Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 19. Legislaturperiode, S. 112). Diese Ankündigung mündete bereits Anfang September 2018 in einem Gesetzesentwurf der Bundesregierung, auf dessen Grundlage der Bundestag am 18. Dezember 2018 nach eingehender Beratung das MietAnpG beschloss, welches schließlich am 01. Januar 2019 in Kraft trat.
Dieses Gesetz hat vor allem eine weitere Verschärfung der bis dahin bestehenden Regelungen zulasten des Vermieters herbeigeführt:
- So sieht der neue § 556g Abs. 1a BGB vor, dass den Vermieter eine Pflicht gegenüber dem Mieter zur unaufgeforderten Auskunft über die Vormiete (oder andere geltend gemachte Ausnahmegründe) trifft, wenn er eine die Mietpreisbremse übersteigende Miete verlangen will.
- Die Anforderungen an die Rügeobliegenheit des Mieters aus § 556g Abs. 2 BGB bei einem vermeintlichen Verstoß sind grundsätzlich auf eine einfache Rüge reduziert worden. Erst wenn der Vermieter sich auf eine Ausnahme berufen hat (erstmalige Vermietung nach dem 01. Oktober 2014 oder nach umfassender Modernisierung), muss der Mieter mit seiner Rüge hierauf verweisen. Kommt der Vermieter seiner Auskunftspflicht nicht nach, kann er auch bei Nachholung der Auskunft zwei Jahre lang höchstens die nach der Mietpreisbremse zulässige Miete verlangen, auch wenn eine Ausnahme nach §§ 556e, 556f BGB vorliegt.
- Die Modernisierungsumlage wurde gem. § 559 Abs. 1 BGB von bisher 11 Prozent auf 8 Prozent gekürzt. Gem. § 559 Abs. 3a BGB gilt insoweit nun eine Kappungsgrenze von drei Euro pro Quadratmeter innerhalb von sechs Jahren. Beträgt die monatliche Miete vor der Mieterhöhung weniger als sieben Euro pro Quadratmeter, darf sie sich sogar nur maximal um zwei Euro pro Quadratmeter erhöhen.
- In § 559d BGB wurde die (widerlegliche) gesetzliche Vermutung eingeführt, dass der Vermieter eine Schadensersatz begründende Pflicht verletzt, wenn er unter anderem z.B. nach der Ankündigung von Modernisierungsmaßnahmen nicht innerhalb von zwölf Monaten mit der Maßnahme beginnt oder der Mieter durch sie erheblich belastet wird.
- Die „Durchführung einer baulichen Veränderung in missbräuchlicher Weise“ stellt gem. § 6 Wirtschaftsstrafgesetz nunmehr eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einer Geldbuße von bis zu 100.000 Euro geahndet werden.
Obwohl all diese Verschärfungen noch kein Jahr in Kraft sind, wurde jüngst am 18. August 2019 im Koalitionsausschuss beschlossen, eine erneute Zuspitzung voranzutreiben: Galt bislang, dass höchstens die nach Ausspruch einer Rüge zu viel gezahlte Miete zurückzuzahlen ist, soll dies in Zukunft auch rückwirkend für vergangene Mietüberzahlungen der letzten 30 Monate möglich sein (Ergebnisse des Koalitionsausschusses vom 18. August 2019, abrufbar unter: https://www.spd.de/aktuelles/detail/news/mehr-bezahlbare-wohnungen-fuer-alle/19/08/2019/, https://www.cdu.de/artikel/ergebnisse-des-koalitionsausschusses-vom-18-august-2019). Zudem soll die Möglichkeit des Erlasses von Mietpreisbegrenzungsverordnungen bis 2025 erweitert werden.
Derweil konnte sich das Landgericht Berlin mit seiner Ansicht, dass zentrale Normen der Mietpreisbremse verfassungswidrig seien (LG Berlin, Beschluss vom 07. Dezember 2017 – 67 S 218/17, Beschluss vom 12. April 2018 – 67 S 328/17), nicht durchsetzen; Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 20. August 2019 (BVerfG – 1 BvR 1595/18) entschieden, dass die Mietpreisbremse mit dem Grundgesetz vereinbar ist (Die Begründung der Entscheidung des BVerfG wird hier näher erläutert).
Das Thema Mietpreisbremse bleibt also hochaktuell – eine weitere Verschärfung ist in naher Zukunft zu erwarten. Wie die Mietpreisbremse nach aktueller Rechtslage im Einzelnen funktioniert und in welchen Fällen Ausnahmen bestehen, wird hier weiter erläutert.
Autor
Shushanik Röcker, LL.M.
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