News | Newsletter | Neues zum Immobilienrecht 02/2019
Die Mietpreisbremse nach derzeitigem Rechtsstand – Anwendbarkeit und Ausnahmen
In den §§ 556d ff. BGB ist die sogenannte Mietpreisbremse in der nun seit dem 01. Januar 2019 gültigen Form verankert (über die Hintergründe der Anfang des Jahres in Kraft getretenen Reform wird hier eine Übersicht gegeben). In § 556d Abs. 1 BGB heißt es wie folgt:
„Wird ein Mietvertrag über Wohnraum abgeschlossen, der in einem […]Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt liegt, so darf die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete […]höchstens um 10 Prozent übersteigen.“
Demnach darf ein Vermieter bei einer Neuvermietung überall dort, wo die Mietpreisbremse Anwendung findet, grundsätzlich nur maximal 10% mehr als die „ortsübliche“ Vergleichsmiete verlangen. Im Folgenden wird genauer erläutert, wie diese ortsübliche Vergleichsmiete ermittelt wird, in welchen Fällen die Beschränkungen der Mietpreisbremse Anwendung finden und unter welchen Voraussetzungen Ausnahmen gelten.
„Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt“ werden gem. § 556d Abs. 2 BGB von den Regierungen der Bundesländer durch Rechtsverordnungen festgelegt. In diesen entfaltet sich dann die Rechtswirkung des § 556d Abs.1 BGB.
Die „ortsübliche Vergleichsmiete“ richtet sich nach § 558 Abs. 2 BGB. Entscheidender Zeitpunkt für ihre Ermittlung ist der Zeitpunkt des tatsächlichen Mietbeginns. Miete meint hierbei grundsätzlich die Grundmiete ohne Betriebskosten und Zuschläge, es sei denn, es ist eine (Teil-) Inklusivmiete vereinbart (Weidenkaff in: Palandt, BGB, 76. Auflage 2017, § 556d Rn. 4). Üblicherweise wird zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete auf den örtlichen Mietspiegel zurückgegriffen, sofern einer vorhanden ist. Dieser hat Indizwirkung, ist aber nicht zwingend heranzuziehen, da auch andere Formen der Ermittlung zulässig sind. Bei Indexmietverträgen gem. § 557b BGB gilt die Mietpreisbremse gem. § 557b Abs. 4 BGB nur für die Ausgangsmiete – Mieterhöhungen sind danach nicht an die ortsübliche Vergleichsmiete, sondern an den Lebenshaltungsindex gekoppelt. Bei Staffelmietverträge gem. § 557a BGB gilt die Mietpreisbremse hingegen auch für die vereinbarten Mieterhöhungen, wenn sie die jeweils geltende ortsübliche Vergleichsmiete überschreiten.
Finden die §§ 556d ff. BGB Anwendung, so gelten gem. § 556g Abs. 1 und 2 BGB folgende Rechtsfolgen: Ist die vereinbarte Miethöhe zu hoch, so ist der Vertrag insoweit unwirksam. Die vom Mieter zu viel gezahlte Miete hat der Vermieter ab dem Zeitpunkt, zu dem der Mieter einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse rügt, zurückzuzahlen (dies wird von den Gerichten auch konsequent so entschieden: AG Neukölln, Urteil vom 08. September 2016 – 11 C 414/15; AG Lichtenberg, Urteil vom 28. September 2016 – 2 C 202/16). Sofern der Vermieter gem. § 556g Abs. 1a BGB nicht unaufgefordert Auskunft über den Erhöhungsgrund erteilt hat, ist eine qualifizierte Rüge nicht länger erforderlich, wie es noch vor der Reform der Fall war. Es reicht nun grundsätzlich eine einfache Rüge des Mieters aus. Die vor Zugang dieser Rüge fällig gewordenen und gezahlten Mieten muss der Vermieter hingegen nicht herausgeben.
Es gibt allerdings auch drei Ausnahmen, bei denen die 10%-Regelung keine Anwendung findet:
- Liegt die Vormiete, also die Miete, die der letzte Mieter zulässigerweise schuldete, über der ermittelten ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich 10 %, so darf der Vermieter gem. § 556e Abs. 1 BGB bei einer Neuvermietung auch weiterhin in dieser Höhe Miete verlangen. Mieterhöhungen, die innerhalb eines Jahres vor Beendigung des Mietverhältnisses vereinbart wurden, sind hiervon allerdings abzuziehen, um einer Umgehung der Mietpreisbremse vorzubeugen. Will der Vermieter eine höhere als die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen, so trifft ihn aufgrund der neuen Regelung gemäß § 556g Abs. 1a BGB die Pflicht, dem Mieter unaufgefordert Auskunft über die Vormiete zu geben.
- Eine weitere Ausnahme besteht gem. § 556f S. 1 BGB, wenn die Wohnung nach dem 01.10.2014 erstmals genutzt und vermietet wird. Hierüber muss der Vermieter dem Mieter unaufgefordert Auskunft geben. Die Regelung betrifft nicht nur Wohnungen in Neubauten, sondern auch Bauten, die zum 10.10.2014 bereits fertiggestellt, aber noch nicht vermietet oder einer anderweitigen Nutzung zugeführt waren (vgl. BT-Drs. 18/3121, S. 31) sowie neu geschaffenen Wohnraum (vgl. § 16 Abs. 1 Nr. 1-3 WoFG).
- Ferner findet die Mietpreisbremse gem. § 556f S. 2 BGB keine Anwendung auf die erstmalige Vermietung nach einer umfassenden Modernisierung (siehe hierzu exemplarisch: AG Schöneberg, Urteil vom 08. September 2017 – 17 C 148/16). Die Modernisierung müsste so umfangreich sein, dass sie mit einem Neubau gleichzustellen ist. In diesem Fall kommt es darauf an, ob die Modernisierung unter einem wesentlichen Bauaufwand erfolgte. Der Bauaufwand gilt dabei in der Regel als wesentlich, wenn er etwa ein Drittel des für eine Neubauwohnung erforderlichen Aufwands erreicht (BGH, Beschluss vom 10. August 2010 – VIII ZR 316/09). Die Auskunftspflicht des Vermieters greift auch in diesem Fall.
Sonstige werterhöhende Modernisierungsmaßnahmen können gem. § 556e Abs. 2 BGB immerhin bewirken, dass die zulässige Miete (ortsübliche Vergleichsmiete plus 10 %) nach Maßgabe des § 559 BGB doch überschritten werden darf. Dies gilt auch, wenn sie auf Aufwendungen des Mieters aus dem vorherigen Mietverhältnis beruhen, sofern dieser auf einen Aus- oder Rückbau verzichtet hat (LG Berlin, Urteil vom 17. Januar 2018 – 18 S 381/16). Nach Inkrafttreten der neuen Mietpreisbremse kann der Vermieter 8% der aufgewendeten Kosten auf den Mieter umschlagen, wobei gem. § 559 Abs. 3a BGB nun auch eine Kappungsgrenze von drei Euro pro m2 (bzw. zwei Euro bei einer vorherigen Miete von unter 7 €/ m²) innerhalb von sechs Jahren gilt. Will er die Modernisierungskosten bei einer Neuvermietung berücksichtigen, so muss er den Mieter darüber unterrichten, dass in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt wurden. Bleiben die geltend gemachten Kosten unter 10.000 Euro, kann der Vermieter gem. § 559c BGB (vereinfachtes Berechnungsverfahren) hiervon pauschal 30% als Erhaltungsaufwand abziehen und den Rest auf die Mieter umlegen.
Zu beachten ist, dass nach der neuen Rechtslage bei einer „missbräuchlichen“ Modernisierung oder deren Ankündigung unter Umständen gem. dem neuen § 559d BGB Schadensersatz und gem. § 6 Wirtschaftsstrafgesetz ein Bußgeld von bis zu 100.000 Euro drohen.
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