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Auch die Übersendung per Telefax wahrt die gesetzliche Schriftform des § 550 BGB

BGH, Urteil vom 07.03.2018 – XII ZR 129/16

Nachdem der BGH mit Urteil vom 27.09.2017, Az. XII ZR 114/16, entschieden hat, dass Schriftformheilungsklauseln mit der nicht abdingbaren Vorschrift des § 550 BGB unvereinbar und damit unwirksam sind, lockert er nun mit seinem Urteil vom 07.03.2018, Az. XII ZR 129/16, zumindest seine Anforderungen an die Einhaltung der Schriftform zumindest weiter auf. Der BGH setzt insoweit seine „Auflockerungsrechtsprechung“ fort.

Zur Erinnerung: § 550 S. 1 BGB bestimmt, dass ein Mietvertrag über Wohn- oder Gewerberäume mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr schriftlich abgeschlossen werden muss. Wird diese Schriftform nicht eingehalten, ist der Mietvertrag nach Ablauf eines Jahres auch dann mit gesetzlicher Frist kündbar, wenn er für einen längeren Zeitraum abgeschlossen wurde. Das soll dem Schutz der Parteien und insbesondere dem Schutz des Erwerber einer vermieteten Immobilie dienen, damit dieser allein anhand der mietvertraglichen Unterlagen feststellen kann, in welche Rechte und Pflichten er als neuer Vermieter gemäß § 566 BGB - denn „Kauf bricht nicht Miete“ - eintritt.

Die Frage, ob dieses Schriftformerfordernis auch dann gewahrt ist, wenn bei mehreren Urkunden jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet, der anderen Partei nur per Fax übermittelt und das Original behält, hat der BGH bejaht.

In dem vom BGH entschiedenen Fall hatten die Parteien den Mietvertrag per Telefax abgeschlossen. Eine Vertragspartei hatte der anderen Vertragspartei den von ihr bereits unterschriebenen Vertragsentwurf per Telefax übersendet. Diese Vertragspartei unterzeichnete den Vertragsentwurf auf der Telefaxkopie und sendete es an die andere Vertragspartei per Telefax zurück. Jede Partei hatte also eine Vertragsausfertigung in Form eines Telefaxes mit der jeweils eigenen Originalunterschrift. Es kam wie es kommen musste: Der Vermieter kündigte den Vertrag unter Berufung auf einen Schriftformmangel, weil eine „Originalurkunde“ nicht existierte, auf der beide Parteien „original“ unterzeichnet hatten. Die Instanzgerichte wiesen die Klage des Mieters ab und vertraten die Auffassung, die gesetzliche Schriftform sei nicht gewahrt. Die von dem Mieter eingelegte Revision zum BGH hatte Erfolg: Jedenfalls das Fehlen eines „Originalvertrages“ führt nicht zu einem Schriftformmangel!

Der BGH hat darauf verwiesen, dass sich zwar entgegen § 126 Abs. 2 S. 1 BGB nicht beide Originalunterschriften auf derselben Originalurkunde befinden. Dafür würden aber die Voraussetzungen des
§ 126 Abs. 2 S. 2 BGB vorliegen, da jede Partei den gleichlautenden Vertragstext unterschrieben hatte und das jeweilige Dokument aufbewahrte. Es sei für die Wahrung der Schriftform ausreichend, wenn über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden existieren und jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet, also zwei gleichlautende Urkunden existieren, die jeweils nur von einer Vertragspartei im Original unterzeichnet werden. § 550 BGB regele nämlich nur, wie ein zeitlich befristeter Vertrag zu gestalten ist. Das ergäbe sich aus dem Schutzzweck des § 550 BGB und damit dem Schutz des Erwerbers einer vermieteten Immobilie, der in die bestehenden Mietverträge eintritt. Dafür sei es ausreichend, wenn nachvollzogen werden könne, dass beide Parteien jeweils eine Urkunde unterschrieben haben, die für die andere Partei bestimmt war.

Fazit:

Der BGH zeigt eine Lösungsmöglichkeit für den Fall, in dem die Parteien aus Zeitgründen und/oder wegen einer größeren räumlichen Entfernung zueinander den Vertragsentwurf nicht gemeinsam persönlich unterzeichnen, sondern den Vertrag „per Telefax“ abschließen.

Dennoch sollte der Abschluss eines Mietvertrages per Telefax die Ausnahme bleiben. Mietverträgen werden regelmäßig umfangreiche Anlagen beigefügt. Insbesondere ältere Lagepläne zur Konkretisierung des Mietgegenstandes befinden sich bei Abschluss des Mietvertrages „im Original“ häufig bereits in einem Zustand, der die Lesbarkeit dieser Anlagen erschwert. Die Versendung dieser Anlage per Telefax kann dazu führen, dass die Anlage gar nicht mehr lesbar ist. Wenn aber der Mietgegenstand nicht ausreichend beschrieben und über eine Anlage zum Mietvertrag nicht mehr definiert werden kann, liegt nach allgemeiner Ansicht in der Regel ein Schriftformmangel vor. Aus diesem Grund muss der anwaltliche Rat weiter lauten, sich für die Ausfertigung eines langfristigen Mietvertrages ausreichend Zeit zu nehmen, die Anlagen sorgfältig zu erstellen, diese mit dem Mietvertrag aus Beweisgründen zu einer festen Urkunde zusammen zu fügen und dafür zu sorgen, dass beide Vertragspartner je eine Ausfertigung dieser Urkunde im Original unterzeichnen und der anderen Partei mit der Originalunterschrift übersenden.

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