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BGH: Bereits eine geringfügige Änderung der Miethöhe stellt eine wesentliche Vertragsänderung dar und unterfällt dem Formzwang des § 550 S. 1 BGB.

BGH, Urteil vom 25.11.2015 – XII ZR 114/14 

Wie der BGH nun erstmals höchstrichterlich klarstellt, bedeuten Mietzinsänderungen stets eine wesentliche Vertragsänderung und unterliegen damit dem Schriftformerfordernis aus § 550 BGB. Ein Schriftformverstoß kann dann zu einem Wegfall der ursprünglich vereinbarten Befristung und ordentlichen Kündbarkeit des Mietverhältnisses führen. Der Entscheidung des BGH vom 25.11.2015 lag ein auf 15 Jahre abgeschlossener Gewerbemietvertrag über Praxisräume zugrunde. Den im Mietvertrag ursprünglich vereinbarten Mietzins von 1.350,00 EUR monatlich erhöhten die Mietparteien schon einige Monate nach Vertragsschluss durch eine mündliche Vereinbarung um 20,00 EUR auf 1.370,00 EUR. Dies entspricht einer Mieterhöhung von ca. 1,5 %. Sechs Jahre vor Ablauf der im Vertrag bestimmten Mietzeit erklärten die Mieter die ordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses.

Als der Vermieter die Kündigung nicht akzeptierte, klagten die Mieter auf Feststellung der Beendigung des Mietverhältnisses. Ihr Feststellungsbegehren begründeten sie u.a. mit der Mieterhöhung, die nicht dem Schriftformerfordernis des § 550 BGB genügt hätte. Durch diesen Schriftformverstoß sei der zunächst befristete Mietvertrag zu einem unbefristeten geworden. Trotz der ursprünglich vereinbarten Festlaufzeit könne der Vertrag daher innerhalb der regulären gesetzlichen Fristen jederzeit ordentlich gekündigt werden. Die Klage der Mieter blieb zunächst in den Vorinstanzen erfolglos. Beide Gerichte folgten der bis dato ständigen Rechtsprechung, wonach nur geringfügige Mietänderungen als unwesentliche Vertragsänderungen zu qualifizieren seien und daher nicht dem Formzwang des § 550 BGB unterfielen. Der hier streitgegenständliche Mietvertrag genüge somit trotz der mündlichen Mieterhöhung um 1,5 % auch weiterhin dem Schriftformerfordernis. Damit sei den Mietern eine vorzeitige Vertragsbeendigung nicht möglich. Diese Begründung hielt der revisionsrechtlichen Nachprüfung durch den BGH nicht stand. Dieser erkannte auch in der geringfügigen Mietanpassung eine wesentliche Vertragsänderung und somit einen grundsätzlichen Verstoß gegen das Schriftformerfordernis aus § 550 BGB. Damit bestehe auch die Möglichkeit einer ordentlichen Kündbarkeit des Mietverhältnisses.

Der BGH schließt sich mit dieser Entscheidung einer bislang vor allem in der Literatur vertretenen Auffassung an, wonach zeitlich nicht beschränkte Mietänderungen stets als wesentlich und damit schriftformrelevant anzusehen sind. Denn gerade bei der Miete handele es sich, so der BGH, per se um einen vertragswesentlichen Punkt, der für den von § 550 BGB geschützten potentiellen Erwerber von besonderem Interesse sei. Vor allem könnten sich Änderungen in der Miete unmittelbar auf die Möglichkeit des Vermieters zur fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs auswirken. Auch die Nichtzahlung eines vergleichsweise geringen Erhöhungsbetrages könne sich aufsummieren und ggf. unter Berücksichtigung anderweitiger Rückstände zu einem zur Kündigung ausreichenden Zahlungsrückstand des Mieters führen. Daher könne jedwede Mietänderung unabhängig von ihrer relativen oder absoluten Höhe „das Fass zum Überlaufen“ bringen und damit kündigungsrelevant sein. Schließlich sei es aufgrund der Vielgestaltigkeit von Mietverhältnissen auch nicht möglich, die Wesentlichkeit durch einen bestimmten Prozentwert festzulegen. Daher spreche auch das Gebot der Rechtssicherheit gegen eine solche Erheblichkeitsgrenze. Im Lichte dieser Entscheidung müssen Vertragsänderungen stets äußerst sensibel behandelt und auf die Einhaltung der Schriftform geachtet werden. Bei bereits erfolgten Änderungen sollte die Heilung eines Formverstoßes durch einen schriftformkonformen Nachtrag in Betracht gezogen werden. Dies gilt auch, wenn die Änderung auf den ersten Blick nur geringfügig erscheinen mag. 

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