News | Newsletter | Neues zum Immobilienrecht 01/2017
Absicherung von Finanzierungskosten über den Kaufpreis hinaus durch Bestellung einer Sicherungsgrundschuld beim Grundstückserwerb von einer Gemeinde nach § 87 Abs. 1 Satz 3 GO NRW
Bei Erwerb eines Grundstücks von einer Gemeinde stellt sich regelmäßig die Frage, inwieweit kommunalrechtliche Vorschriften einer Vorwegbelastung des Grundstücks mit einer Finanzierungsgrundschuld entgegenstehen. Zum Schutz vor unkalkulierbaren Haftungsrisiken darf eine Gemeinde grundsätzlich keine Sicherheiten zu Gunsten Dritter bestellen, es sei denn die Aufsichtsbehörde hat hierfür eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Einige Bundesländer (darunter Bayern, Brandenburg, Schleswig-Holstein und Thüringen) haben jedoch für die Veräußerung gemeindlicher Grundstücke generelle Ausnahmeregelungen geschaffen. In Nordrhein-Westfalen besteht mit § 87 Abs. 1 Satz 3 GO NRW eine Ausnahmeregelung „zur Finanzierung des Erwerbs von Grundstücken der Gemeinde durch Dritte“. Rechtsunsicherheit besteht aber darüber, in welchem Umfang hiernach Finanzierungsgrundschulden bestellt werden dürfen. Zwar regelt § 87 Abs. 1 Satz 3 GO NRW einen Ausnahmefall und ist daher grundsätzlich restriktiv auszulegen. Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Regelung sprechen jedoch für eine Anwendbarkeit auch auf Finanzierungsgrundschulden im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb, die nicht nur den Kaufpreis sichern (z. B. Baufinanzierung), wenn die bei der Grundschuldbestellung zur Sicherung des Kaufpreises üblichen vertraglichen Sicherungsmechanismen eingehalten werden.
Im Gegensatz zu der bis 2010 geltenden Vorgängerregelung spricht der Wortlaut der Vorschrift nicht mehr von der „Finanzierung des Kaufpreises“ sondern der „Finanzierung des Erwerbs“. Hätte der Gesetzgeber eine enge Auslegung angestrebt, hätte er ohne weiteres die Vorgängerregelung übernehmen können. Der Gesetzesbegründung lässt sich entnehmen, dass sich der Gesetzgeber bei Schaffung des Ausnahmetatbestands der Risikogesichtspunkte einer Grundschuldbestellung zu Gunsten Dritter bei der Abwicklung von Grundstücksgeschäften sehr wohl bewusst war, er aber trotzdem davon ausgeht, dass „regelmäßig kein Risiko aus der Abwicklung zu Lasten der Gemeinde entsteht“. Grund, eine Anwendbarkeit des § 87 Abs. 1 Satz 3 GO NRW auf die Sicherung weiterer Finanzierungskosten über den Kaufpreis hinaus abzulehnen, besteht daher nur, wenn hierdurch das Risiko für die Gemeinde anders zu bewerten wäre als bei Sicherung allein der Kaufpreisfinanzierung. Das ist dann nicht der Fall, wenn mit der Grundschuldbestellung übliche Sicherungsmechanismen – insbesondere die Verpflichtung des Grundschuldgläubigers zur Auszahlung des Darlehens in Höhe des Kaufpreises nur an den Verkäufer – vereinbart werden.
Richtigerweise geht der Gesetzgeber für die Bestellung einer Sicherheit zur Finanzierung des Grundstückserwerbs davon aus, dass hier kein Risiko zu Lasten der Gemeinde besteht, das eine vorherige Zustimmung der Aufsichtsbehörde erforderlich macht. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Risikogesichtspunkte muss dies auch für Finanzierungsgrundschulden gelten, die Kosten über den reinen Kaufpreis hinaus sichern.
Fazit:
Letztlich sprechen überzeugende Gründe dafür, dass eine Grundschuld, die über den Kaufpreis hinaus beispielsweise auch die Kosten der Bebauung des Kaufgrundstücks finanzieren soll, von der Ausnahmeregelung des § 87 Abs. 1 Satz 3 GO NRW erfasst ist und somit eine entsprechende Finanzierungsvollmacht für den Käufer durch die Gemeinde in dem Kaufvertrag erteilt werden kann.
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