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Arglist beim Immobilienverkauf – Einer schweigt, alle haften

BGH, Urteil vom 08.04.2016, V ZR 150/15

Verschweigt einer von mehreren Verkäufern einen Mangel der Kaufsache arglistig, können sich sämtliche Verkäufer gemäß § 444 Alt. 1 BGB nicht auf einen vertraglich vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen. Eine Verkäufermehrheit muss dafür Sorge tragen, dass bestehende Offenbarungspflichten erfüllt werden, damit ein vereinbarter Ausschluss der Sachmangelhaftung durchgreifen kann.

Die Verkäufer betrieben zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses die Scheidung ihrer Ehe. Sie verkauften ihr mit einem Wohnhaus bebautes Hanggrundstück den Käufern unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. Die Besichtigungstermine und Vertragsverhandlungen hatte ausschließlich die Ehefrau durchgeführt, der Ehemann hat sich zu dieser Zeit in stationärer psychiatrischer Behandlung befunden. Bei Kaufvertragsschluss handelte für ihn ein vollmachtloser Vertreter, er erklärte zu einem späteren Zeitpunkt die Genehmigung des Vertrags. An der seitlichen Grundstücksgrenze befand sich eine Winkelstützmauer, die vom Ehemann in Eigenleistung unter erheblicher Abweichung von der gemäß statischer Berechnung vorgesehenen Ausführung errichtet worden war. Die Winkelstützmauer weist nicht die erforderliche Standsicherheit auf und muss saniert werden. Die Käufer verlangen von den Verkäufern als Gesamtschuldner Schadensersatz, das Gericht sprach diesen zu. § 444 BGB sieht vor, dass ein Haftungsausschluss nicht gilt, wenn der Verkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat. Es war bisher umstritten, ob bei einer Verkäufermehrheit und nur einem arglistig handelnden Verkäufer § 444 BGB nur auf den arglistig handelnden oder auf alle Verkäufer Anwendung findet. Der BGH kam zu dem Ergebnis, dass das Wort „Verkäufer“ als „Verkäuferseite“ ausgelegt werden muss. Im Vergleich zur früheren Rechtslage wird zwar dadurch die Haftung des nicht arglistig Handelnden erweitert, dies sei jedoch richtig, da die Rechte des Käufers andernfalls in erheblichem Maße beschränkt würden. Insbesondere bei einer Vielzahl von Verkäufern könne es zu erheblichen Problemen führen, wenn der Käufer den Arglistnachweis gegenüber allen Verkäufern führen müsste, um einen Rücktritt oder eine Minderung, die gemäß § 441 Abs. 2 BGB nur gegenüber allen Verkäufer erklärt werden kann, vornehmen zu können. In einem solchen Fall hätte der Käufer dann nur die Möglichkeit, gegenüber dem arglistig handelnden Verkäufer Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Es sei jedoch nicht ersichtlich, dass durch das neue Recht die Rechtsposition des Käufers dermaßen verschlechtert werden sollte. Im Ergebnis muss die Verkäufermehrheit im Innenverhältnis dafür Sorge tragen, dass die im Verhältnis zum Käufer bestehenden Offenbarungspflichten erfüllt werden, um insgesamt von dem Ausschluss der Sachmangelhaftung profitieren zu können. Andernfalls erweist sich die Freizeichnung aus Sicht des Käufers als unredlich. Der Ehemann war bei der Genehmigung des Kaufvertrags psychisch in der Lage, eine Erklärung abzugeben. Er hätte spätestens zu diesem Zeitpunkt den Mangel des Kaufobjekts offenbaren müssen. Ein Verschulden der Ehefrau konnte gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet werden. Diese Vermutung wurde nicht entkräftet, denn sie hatte Hinweise auf den Mangel und handelte daher jedenfalls fahrlässig, indem sie keine Nachforschungen angestellt hatte. 

Fazit

Auch der nicht arglistig handelnde Verkäufer kann sich in einem solchen Fall nicht auf einen Ausschluss der Sachmangelhaftung berufen. Er muss vor Abschluss des Kaufvertrags prüfen, ob Offenbarungspflichten bestehen könnten und, sofern sich dafür Anhaltspunkte ergeben, die Situation aufklären.

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