News | Newsletter | Neues zum Baurecht 06/2019
Förmliche Abnahme schließt konkludente Abnahme und Fiktion aus!
OLG Hamm, 30.04.2019, 24 U 14/18
Legen die Parteien ausdrücklich eine förmliche Abnahme im Vertrag fest, ist eine konkludente Abnahme oder gar Abnahmefiktion ausgeschlossen.
Die Klägerin (Auftragnehmerin) macht gegen die Beklagte (Auftraggeberin) einen Anspruch auf Zahlung von Restwerklohn aus einem VOB/B-Bauvertrag über die Erweiterung eines Bestandsgebäudes geltend. Im Vertrag wurde u.a. festgelegt, dass sich die Abnahme nach § 12 VOB/B richtet und förmlich zu erfolgen hat.
Die Klägerin führte die Arbeiten aus und verlangte von der Beklagten die Abnahme. Die Beklagte lehnte eine Abnahme auf Grund noch ausstehender Restleistungen sowie diverser Mängel ab. In der Folgezeit entstand zwischen den Parteien Streit über die Mangelhaftigkeit der Arbeiten sowie der damit verbundenen Weigerung zur Durchführung einer Abnahme. Im Endeffekt verklagte die Klägerin die Beklagte auf Zahlung der restlichen Vergütung.
In der ersten Instanz hat das Landgericht Münster die Klage abgewiesen. Das Gericht begründete seine Entscheidung mit der fehlenden Abnahme und damit fehlenden Fälligkeit der Vergütung i.S.d. § 641 Abs. 1 BGB. Die anschließend durch die Klägerin eingelegte Berufung wurde durch das OLG Hamm als unbegründet zurückgewiesen.
Der Senat folgte der Rechtsauffassung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Fälligkeit der eingeklagten Vergütung ist mangels einer Abnahme nicht eingetreten. Es wurde ausdrücklich eine förmliche Abnahme vereinbart, welche nicht durchgeführt worden ist. Das Vorbringen der Beklagten, die Parteien hätten konkludent auf die förmliche Abnahme verzichtet, kann nicht durchgreifen. Insoweit vertritt hier das Berufungsgericht die Auffassung, dass eine vertraglich festgelegte förmliche Abnahme eine Abnahmefiktion nach § 12 Abs. 5 VOB/B oder konkludente Abnahme ausschließt. Die Abnahmefiktion wird schon dadurch ausgeschlossen, dass es durch die ausdrücklich vereinbarte Abnahme auf ein Verlangen i.S.d. § 12 Abs. 5 VOB/B nicht mehr ankommt. Durch diese Vereinbarung liegt nach Ansicht des OLG gerade „ein Verlangen“ vor. Für die Fiktion müsste aber gerade kein Verlangen vorliegen. Zwar ist ein konkludenter Verzicht auf die förmliche Abnahme grundsätzlich möglich, jedoch nur unter strengen Voraussetzungen. Das bloße Unterlassen weiterer Mängelrügen seitens der Beklagten kann gerade nicht als ein solcher Verzicht ausgelegt werden. Hier wiegt die Tatsache besonders schwer, dass noch unzählige offene Mängel vorlagen. Für einen verobjektivierten Empfänger konnte Angesichts dieser Mängel das bloße Schweigen der Beklagten nicht als Verzicht verstanden werden. Des Weiteren fand auch entgegen der klägerischen Auffassung keine konkludente Abnahme durch die Beklagte statt. Eine solche wäre nur möglich gewesen, wenn die Beklagte nicht zuvor schon eine Vielzahl an Mängeln gegenüber der Klägerin gerügt hätte. Auf Grundlage dessen konnte die Klägerin nicht einfach davon ausgehen, dass trotz dieser Mängel und vorher erklärten Abnahmeverweigerung, jetzt eine Abnahme erfolgt ist. Hier konnte insbesondere in dem Vorschussverlangen zum Zwecke der Selbstvornahme kein solcher Verzicht gesehen werden, obwohl dies grundsätzlich möglich ist. Jedoch waren zwischen den Parteien gerade noch weitere Mängel offen. Auch eine konkludente Abnahme durch die Nutzung des Bauwerks ist nach Ansicht des Senats ausgeschlossen, denn durch die vertragliche Festlegung einer förmlichen Abnahme sollte nach dem Willen der Parteien eine Billigung des Werks als mängelfrei nur mit dieser Form der Abnahme einhergehen.
Fazit:
Das Urteil zeigt einmal mehr, dass sich ein Auftragnehmer nicht auf das Schweigen bzw. die Untätigkeit seines Vertragspartners verlassen kann. Weiterhin zeigt es auch, dass die strenge Rechtsprechung an die Anforderungen einer Abnahme bzw. ihrer Surrogate fortgeführt wird. Die Bedeutung ist immens, denn mit ihr siegen und fallen Werklohnklagen.