Section-Image

News aus der LP-Welt

Pressemeldungen, Auszeichnungen, Veröffentlichungen, Seminare - wir halten Sie informiert

Ohne Rechnung – dann auch ohne Gewährleistungsrechte!

OLG Brandenburg, Urteil vom 31.08.2023 - 10 U 207/22

Der Kläger bestellte ein generalüberholtes Getriebe telefonisch für sein gewerblich genutztes Fahrzeug. Das Angebot sowie die Telefonnummer hatte er auf einer Webseite gefunden. Auf Getriebe wurde laut damaligem Stand der Webseite eine Garantie von fünf Jahren gewährt. Ein schriftlicher Kaufvertrag wurde nicht geschlossen. Das Getriebe wurde dem Kläger dann gegen Übergabe des Kaufpreises in Höhe von 950,00 Euro in Bar von einem Mitarbeiter des Beklagten ausgehändigt und anschließend von einer vom Kläger beauftragten Werkstatt in das Fahrzeug des Klägers eingebaut.

Ungefähr elf Monate später blieb das Fahrzeug des Klägers aufgrund eines Getriebeschadens liegen.

Der Kläger macht daraufhin gegen den Beklagten Gewährleistungsansprüche geltend, welche dieser nach Prüfung abgelehnt hat. Sodann lässt der Kläger das Fahrzeug reparieren und verklagt den Beklagten auf Zahlung der Reparaturkosten sowie Nutzungsausfall in Höhe von ca. 7.000,00 Euro. Im Termin legt der Beklagtenvertreter eine Rechnung einer polnischen Firma für die Lieferung des streitgegenständlichen Getriebes vor. Der Beklagte ist Gesellschafter dieser Firma. Der Kläger bestreitet, eine solche Rechnung erhalten zu haben. Im Prozess kann nicht bewiesen werden, dass der Beklagte der Vertragspartner des Klägers ist, so dass das Landgericht Potsdam die Klage abweist. Hiergegen legt der Kläger Berufung ein.

Ohne Erfolg! Das Berufungsgericht stellt nicht fest, ob der Beklagte oder die polnische Firma mit dem Kläger einen Vertrag geschlossen hat, denn ein etwaiger mit dem Beklagten selbst geschlossener Vertrag wäre gemäß § 134 BGB i.V.m. §370 AU nichtig.

Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig. Die Voraussetzungen der Norm liegen in diesem Fall vor, weil bei Vertragsschluss die Erwartung zu Grunde lag, dass auf den Verkauf anfallende Umsatz(erwerbs)steuer nicht erklärt werden sollte, was aber durch § 370 Abs. 1 AO verboten ist. Dabei muss nicht weiter aufgeklärt werden, welche Steuer genau hinterzogen werden sollte.

Das Gericht ist unter Zugrundelegung des Klägervortrags von einem Verstoß gegen das deutsche Steuerrecht ausgegangen, obwohl sich keine Partei auf einen solchen berufen hatte. Ein Verbotsgesetz steht nicht zur Disposition der Parteien. Die Ohne-Rechnung-Abrede führte in diesem Fall somit zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages mit der Folge, dass keine Gewährleistungsansprüche mehr bestanden.

Zwar ist gemäß § 134 BGB zunächst nur der Teil des Rechtsgeschäfts nichtig, der gegen das gesetzliche Verbot verstößt, hier also die (stillschweigende) Absprache der Beteiligten, dass keine Rechnung erteilt werden soll, damit Steuern nicht abgeführt werden müssen. Die Ohne-Rechnung-Abrede führt aber nach Begründung des Gerichts zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags, weil die Nebenabrede einen Teil des Geschäfts bildet und der Vertrag insgesamt gemäß § 139 BGB nur dann aufrechterhalten werden kann, wenn festgestellt wird, dass er auch ohne die steuerverkürzende Abrede zu denselben Bedingungen, insbesondere mit derselben Gegenleistung abgeschlossen worden wäre. Denn auch beim Kaufvertrag führt eine Schwarzgeldabrede alleine nicht zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags. Die Gesamtnichtigkeit beruhte im vorliegenden Fall darauf, dass davon ausgegangen werden musste, dass der gesamte Vertrag ohne die Schwarzgeldabrede nicht zu denselben Konditionen abgeschlossen worden wäre. Das Fehlen eines schriftlichen Vertrags war alleine nicht ausschlaggebend, ergab aber zusammen mit den anderen Indizien, nämlich der Bar-Zahlung ohne vorweisbare Quittung und der Tatsache, dass der Kläger keine Rechnung erhalten und auch nicht nach einer Rechnung gefragt hatte, obwohl er hierdurch steuerliche Vorteile gehabt hätte, das stimmige Bild, dass die Vertragsparteien bei Vertragsschluss davon ausgingen, dass keine Rechnung zur Vermeidung von entsprechenden steuerlichen Erklärungen erteilt werden würde.

Grundsätzlich gilt, dass gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB allein die Ohne-Rechnung-Abrede verstößt, nicht aber der Austauschvertrag als solcher ohne diese Abrede. Bei einem Bauvertrag konnte sich nach der Rechtsprechung des BGH (vor dem Inkrafttreten des SchwarzArbG) ein Verstoß gegen Treu und Glauben durch die Berufung auf die Nichtigkeit des Vertrags zur Abwehr von Gewährleistungsansprüchen daraus ergeben, dass der Unternehmer die von ihm geschuldeten Bauleistungen regelmäßig an dem Grundstück des Bestellers erbringt. Eine Rückabwicklung des Vertrages durch Rückgabe der Leistung ist deswegen, wenn überhaupt, gewöhnlich nur mit erheblichen Schwierigkeiten möglich. Ist die erbrachte Bauleistung mangelhaft, ist daher das Eigentum des Bestellers mit den hieraus folgenden Nachteilen nachhaltig belastet, die durch schlichte Rückabwicklung des Bauvertrags regelmäßig nicht wirtschaftlich sinnvoll zu beseitigen sind; der Besteller wird daher das mangelhafte Werk typischerweise behalten. Diese Belastungssituation führt dann zu einem besonderen Interesse des Bestellers an vertraglichen, auf die Beseitigung des Mangels gerichteten Gewährleistungsrechten, die bei einer Nichtigkeit des gesamten Bauvertrages entfallen würden (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2008 - VII ZR 42/07 -, Rn. 16).

Im vorliegenden Kaufvertrag lag hingegen nach Wertung aller Indizien eine Gesamtnichtigkeit vor. Somit gilt: Wer seine Gewährleistungsrechte sichern möchte, sollte immer nur eine Zahlung gegen Rechnung vornehmen, beim Kauf- und beim Bauvertrag.

Autor

Eva Hildebrandt-Bouchon, M.A.

Eva Hildebrandt-Bouchon, M.A.