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Bei Abdichtungsarbeiten deuten Ausführungsfehler auf mangelhafte Bauüberwachung hin!

OLG Brandenburg, Urteil vom 30.03.2017 – 12 U 71/16

Werden Abdichtungsarbeiten fehlerhaft ausgeführt, spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Architekt seine Überwachungspflicht verletzt hat!

Bei dem Bauvorhaben werden u.a. Abdichtungsarbeiten an Flachdächern des Wohngebäudes, des Nebengebäudes und der Garage erbracht. Aufgrund eines mündlichen Vertrages wird der Architekt von den Bauherren mit der Planung und Bauüberwachung beauftragt. Nach Beendigung der Arbeiten zeigen sich Feuchtigkeitsschäden, es tritt Wasser in das Mauerwerk ein. Es wird festgestellt, dass diese Schäden u.a. auf Mängel bei der Ausführung der Abdichtung und der Entwässerung der Balkone zurück zu führen sind. Die Bauherren verlangen nunmehr klageweise von dem Architekten Ersatz der Kosten für die Beseitigung der Mängel.

Und obsiegen! Die Bauherren haben einen Anspruch auf Schadenersatz gegen den Architekten, weil dieser seine Bauüberwachungspflicht verletzt hat. Bei Abdichtungs- und Entwässerungsarbeiten handelt es sich um besonders gefahrträchtige Arbeiten. Diese müssen in besonderer, gesteigerter Weise vom Architekten beobachtet und überprüft werden (vgl. dazu: BGH, Urteil vom 06.07.2000 - VII ZR 82/98 = BauR 2000, 1513; BGH, Urteil vom 09.11.2000 - VII ZR 362/99 = BauR 2001, 273). Treten im Rahmen dieser Arbeiten Ausführungsfehler auf, spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins (sog. prima facie) dafür, dass der Architekt seine Bauüberwachungspflicht verletzt hat. Das bedeutet, dass dieser – um einer Haftung zu entgehen – angehalten ist, den Anscheinsbeweis zu entkräften. Dies gelingt ihm nur dadurch, dass er eigens darlegt, was er (oder sein Erfüllungsgehilfe) an Überwachungsmaßnahmen geleistet hat. Erforderlich ist hierbei eine substantiierte Darlegung der Überwachungstätigkeiten, die zeigt, dass der Architekt seiner (erhöhten) Pflicht zur Bauüberwachung ausreichend nachgekommen ist und genügend Überwachungsmaßnahmen geleistet hat (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.04.2016 – I-21 U 102/15). An diesen Anforderungen scheiterte der Architekt vorliegend.

Fazit:

Die Entscheidung ist korrekt und entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 26.09.1985 – VII ZR 50/84 = BauR 1986, 112) zu gesteigerten Bauüberwachungspflichten im Rahmen besonders wichtiger oder kritischer Baumaßnahmen. Bei Abdichtungsarbeiten handelt es sich um besonders gefahrgeneigte Arbeiten, welche aller Erfahrung nach ein hohes Mängelrisiko in sich bergen. Dies erfordert eine erhöhte Aufmerksamkeit und verpflichtet zu einer intensiveren Wahrnehmung der Bauaufsicht. Die Architekten sind daher gut beraten, dieser erhöhten Pflicht zur Bauüberwachung ausreichend nachzukommen und dies zusätzlich schriftlich festzuhalten. Nur auf diese Weise können sie dem Erfordernis der substantiierten Darlegung entsprechen und den Anscheinsbeweis entkräften. Kurz um also: (Insbesondere) bei Abdichtungsarbeiten sollten Bau-Überwachung und Dokumentation „wasserdicht“ sein!

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