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Baulücke oder Außenbereichsinsel, das ist hier die Frage

OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.04.2024

Für die Abgrenzung einer dem unbeplanten Innenbereich zuzurechnende Baulücke von einer Außenbereichsinsel kommt es nicht bloß auf geografisch-mathematische Kriterien an, sondern auch darauf, ob sich die geplante Bebauung als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung darstellt. Wesentliche Kriterien sind der Grundstückszuschnitt und die Struktur der Umgebungsbebauung.

Der Fall

Das OVG Nordrhein-Westfalen hatte sich mit der Abgrenzung zwischen einer dem unbeplanten Innenbereich zuzurechnende Baulücke von einer Außenbereichsinsel im Rahmen einer Verpflichtungsklage auf Erteilung eines Bauvorbescheides für die Errichtung von zwei Doppelhäusern zu befassen. Dieser sollte die Frage klären, ob eine Bebauung auf dem Grundstück des Klägers planungsrechtlich zulässig ist.

Das Grundstück des Klägers liegt außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans und außerhalb der Gemeindegrenze, bis zu der sich die vorhandene Bebauung erstreckt. Außerhalb der Gemeindegrenze befinden sich in einem Abstand von etwa 75 Metern weitere Gebäude.

Entscheidend für die Frage der Bebaubarkeit der Fläche war hier die Abgrenzung, ob das dazwischenliege Grundstück dem unbeplanten Innenbereich im Sinne des § 34 BauGB oder bereits dem Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB zuzuordnen war. Der Kläger argumentierte, der Abstand von 75 Metern unterbreche den Bebauungszusammenhang nicht.

Die Entscheidung

Das Oberverwaltungsgericht entschied, dass es sich bei dem Vorhabengrundstück nicht um eine dem Innenbereich zuzurechnende Baulücke, sondern um einen Teil einer Außenbereichsinsel und damit um einen von einer Bebauung freizuhaltenden Außenbereich handelt.

Von einer Außenbereichsinsel ist nach der Entscheidung des Gerichts auszugehen, wenn der Bereich, um den es geht zwar auf allen vier Seiten von Bebauung umgeben ist, die bestehende Freifläche aber so groß ist, dass sich ihre Bebauung nicht als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung aufdrängt. Eine Baulücke liegt hingegen vor, wenn das Baugrundstück noch durch die den Rahmen für die Umgebungsbebauung bildende Bebauung geprägt wird. Wesentliche Kriterien für eine solche Prägung sind der Grundstückszuschnitt und die Struktur der Umgebungsbebauung. An einer solchen Prägung fehlt es dann, wenn auf der Fläche wegen ihrer Größe eine, von der Umgebung unabhängigen geordneten städtebaulichen Entwicklung und Beplanung möglich ist. Für die Abgrenzung ist daher maßgeblich, ob das unbebaute Grundstück, das sich an einen Bebauungszusammenhang anschließt, diesen Eindruck der Geschlossenheit im Rahmen des Bebauungszusammenhangs fortsetzt oder ihn unterbricht. Ein Bebauungszusammenhang setzt voraus, dass das Grundstück den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit fortsetzt. Geografisch-mathematische Kriterien sind nur ein Anhaltspunkt, entscheidend ist die umfassende Bewertung des konkreten Falls.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe nahm das Grundstück des Klägers aufgrund seiner Größe nicht mehr an dem es umgebenden Bebauungszusammenhang teil. Dem stand aus Sicht des Gerichts die Größe der bisherigen Freifläche im Verhältnis zur Umgebungsbebauung entgegen, da die sich an die Freifläche anschließende Bebauung durch Wohnnutzung mit üblichen Grundstücksgrößen geprägt war.

Praxistipp

An diesem Urteil zeigt sich, dass für die äußerst praxisrelevante Abgrenzung zwischen unbeplantem Innenbereich und dem Außenbereich stets die Umstände des Einzelfalles entscheidend sind.

Die Frage, ob es sich (noch) um Innenbereich oder bereits um schon um Außenbereich handelt, ist von entscheidender Bedeutung für die Bebaubarkeit des Grundstücks. Umso wichtiger ist es, sich frühzeitig über bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens auf einem Grundstück zu informieren, bei dem nicht ganz klar ist, ob es zu einem unbeplanten Innenbereich oder dem Außenbereich zu zählen ist.

Autor

Niklas Koschwitz

Niklas Koschwitz

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