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BGH: Stillstandskosten sind auch dann nach § 2 Abs. 5. / 6 VOB/B erstattungsfähig, wenn sie nur mittelbare Folge einer vom Auftraggeber angeordneten geänderten oder zusätzlichen Leistungen sind.

BGH, Beschluss vom 23.03.2022 - VII ZR 191/21

Der Fall

Die Beklagte beauftragte die Klägerin unter Einbeziehung der VOB/B mit Abbrucharbeiten. Zu Beginn der Arbeiten wurde eine bis dahin unbekannte asbesthaltige Rohrisolierung vorgefunden. Diese musste, bevor der eigentliche Abbruch des Gebäudes fortgesetzt werden konnte, entsprechend aufwändig saniert werden. Gleiches galt für eine unerwartete Asbestbelastung des PVC-Bodens, welcher vor dem Abbruch in einem aufwändigen Verfahren entfernt werden musste. Über beide Zusatzleistungen stellte die Klägerin jeweils Nachträge, in welche sie nicht nur die Mehrkosten für die Sanierungsleistungen selbst einstellte, sondern auch Vorhaltekosten für den für den Abbruch vorgesehenen Kettenbagger, welchen die Klägerin während der Sanierung einsatzlos vorhalten musste. Die Beklagte hatte den Nachtrag akzeptiert, die Vorhaltekosten für den Kettenbagger aber zurückgewiesen. Die Klägerin klagte die Stillstandskosten daraufhin ein.

Die Entscheidung

Mit Erfolg! Das OLG Köln hat die auf Zahlung der Vorhaltekosten gerichtete Klage dem Grunde nach für begründet erklärt und bejahte einen Anspruch aus § 2 Abs. 5, 6 VOB/B (OLG Köln, Urteil vom 03.02.2021 - 11 U 136/18). Diese Entscheidung hat der BGH nun durch Zurückweisung der Revision der Beklagten bestätigt. In seinem Beschluss vom 23.03.2022 führt der BGH aus, dass zu den nach § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B zu vergütenden Kosten einer geänderten oder zusätzlichen Leistung auch die Kosten eines Stillstands von Baugeräten, die zur Ausführung anderer Leistungspositionen (Folgegewerke) benötigt werden, gehören, wenn sich diese Folgegewerke aufgrund der geänderten oder zusätzlichen Leistung zeitlich verschieben. So sieht es letztlich auch die einschlägige Rechtsprechung und Literatur, nach der eine zusätzliche Vergütung nach § 2 Abs. 5 VOB/B auch für mittelbare Folgen einer angeordneten Änderung des Bauentwurfs gemäß § 1 Abs. 3 VOB/B beansprucht werden kann, wie etwa einen Gerätestillstand für die Zeit der Nachtragsausführung (so auch Leinemann/Leinemann, VOB/B, 7. Aufl., § 2 Rn. 263). Ein Rückgriff auf einen Schadensersatzanspruch nach § 6 Abs. 6 VOB/B ist in dieser Konstellation nicht tunlich oder nötig, weil die Verzögerung auf einem vertragsgemäßen Anordnungsrecht des AG gemäß § 1 Abs. 3 VOB/B beruhe.

Fazit

Der BGH musste sich zwar formell nicht mit der Anspruchshöhe der Stillstandskosten und deren Berechnungsmethodik (vorkalkulatorische Preisfortschreibung oder Ist-Kosten) befassen, weil der Entscheidung nur ein Grundurteil des OLG Köln vorausging. Dennoch hätte der BGH hier die Steilvorlage des OLG Köln zu einer grundsätzlichen Klärung nutzen können. Das OLG Köln hatte im Berufungsurteil seine Rechtsauffassung geäußert, dass jedenfalls mittelbare Kostenfolgen wie Stillstandskosten nicht von einer Vereinbarung der vorkalkulatorischen Preisfortschreibung umfasst sein dürften und daher, aufgrund des Bestehens einer Regelungslücke, nach Ist-Kosten zu bemessen seien (s.h. OLG Köln, a.a.O.). So steht ein offizielles Statement des BGH dazu, dass seine Rechtsprechung zu § 2 Abs. 3 VOB/B (BGH, Urteil vom 08.08.2019 - VII ZR 34/18, IBR 2019, 536) auch auf §§ 2 Abs. 5, 6 VOB/B übertragbar ist, wie es die Obergerichte bereits bejaht haben, weiter aus.

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