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Kündigung eines Bauvertrags: Keine zulässige Nebendienstleistung eines Architekten! Der Bauherr hat Anspruch auf Ausgleich des durch die Falschberatung resultierenden Schadens.

Ein Bauherr beauftragt einen Bauunternehmer. Nach erfolglosen Verhandlungen zur Festlegung des Leistungsumfangs und der Leistungszeit rät der teilnehmende Architekt seinem Bauherrn, den Bauvertrag zu kündigen. Der Bauherr folgt dem Rat und kündigt den Vertrag mit dem Bauunternehmer, der infolge der Kündigung vom Bauherrn die Vergütung für die kündigungsbedingt nicht erbrachten Leistungen fordert. Der Bauherr und der Bauunternehmer vergleichen sich außergerichtlich auf eine Summe von unter 40% des geltend gemachten Vergütungsanspruchs. Nach Abschluss des Vergleichs nimmt der Bauherr den Architekten auf Schadensersatz in Anspruch mit dem Argument, er habe ihm eine falsche Rechtsberatung erteilt. Das Landgericht Trier gab dem Anspruch mit Urteil vom 04.12.2019, Az.: 11 O 198/19, statt. Der Architekt legte hiergegen Berufung ein.

Ohne Erfolg! Mit Beschluss vom 07.05.2020, Az. 3 U 2182/19, teilte das OLG Koblenz den Parteien die Absicht mit, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückweisen zu wollen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, eine Entscheidung diene nicht der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und die Berufung hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Der Architekt hat dem Bauherrn den Schaden in Höhe der an den Bauunternehmer bezahlten Vergleichssumme gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 2 Abs. 1, § 3 RDG zu erstatten.Der Rat, einen Bauvertrag zu kündigen, sowie die Vorformulierung des Kündigungsschreibens stellen insgesamt eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 RDG dar, die gemäß § 3 RDG nur in dem Umfang zulässig ist, in dem sie gesetzlich zugelassen wird. In der Eigenschaft als Architekt kommt als Erlaubnistatbestand nur gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 RDG in Betracht, wonach eine Rechtsdienstleistung als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild zulässig ist. Eine Nebenleistung im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1 RDG ist nach dem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind, zu beurteilen. Insoweit besteht kein innerer Zusammenhang zwischen der Nebenleistung und der Haupttätigkeit des Architekten, wenn die konkrete rechtliche Fragestellung ohne Beeinträchtigung der Gesamterfüllung der Pflichten aus dem Architektenvertrag auch von dritten Rechtsberatern übernommen werden kann. Dies ist vorliegend dann anzunehmen, wenn der Rechtsdienstleistung die Geltendmachung konkreter Sekundärrechte zugrunde liegt, die mit einem erheblichen Risikopotential für den Auftraggeber verbunden und deshalb den Angehörigen der rechtsberatenden Berufe vorzubehalten sind. Vorliegend wurde die Grenze einer Nebenleistung gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 RDG bereits dadurch überschritten, dass der Architekt selbst im Rahmen der Geltendmachung der Kündigung im Außenverhältnis tätig wurde. Einer weitergehenden Abgrenzung zu einer zulässigen Rechtsdienst-Nebenleistung bedurfte es demnach nicht.

Eine Verletzung gegen § 3 RDG begründet keinen vertraglichen Anspruch gegen den Architekten. Bei den §§ 2, 3 RDG handelt es sich um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Ein Verstoß gegen die Vorschriften hat die Nichtigkeit des von der Rechtsdienstleistung erfassten Vertrags gemäß § 134 BGB zu Folge und begründet somit nur einen deliktischen Schadensersatzanspruch.
Der Architekt handelte im Übrigen auch fahrlässig, als er hätte erkennen müssen, dass er nicht zur Beratung über die Kündigung berechtigt und als juristischer Laier zur Erbringung derart komplexer Rechtsdienstleistungen auch nicht in der Lage ist.

Bei der Beurteilung des Bestehens eines adäquat kausalen Schadens musste das OLG Koblenz auch ein den Zurechnungszusammenhang durchbrechendes Verhalten des Bauherrn im Abschluss des Vergleichs mit dem Bauunternehmen bewerten. Eine Durchbrechung des Kausalzusammenhangs wurde jedoch mit der Begründung verneint, dass der Abschluss des Vergleichs eine nachvollziehbare Reaktion des Bauherrn darstellte, die durch die unzulässige Rechtsdienstleistung des Architekten herausgefordert wurde. Insoweit war aus objektiver exante Sich des Bauherrn nicht auszuschließen, dass die außerordentliche Kündigung in einem gerichtlichen Verfahren in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden könnte mit der Folge, dass der Bauherr zur Leistung einer Kündigungsvergütung gemäß § 648 BGB bzw. § 8 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 VOB/B verurteilt worden wäre.

Weitergehende Einwendungen wegen einer Verletzung der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB und nach den Grundsätzen des Vorteilsausgleichs griffen ebenfalls nicht durch.
Das OLG Koblenz wies ferner darauf hin, dass das Vorliegen einer zulässigen Rechtsdienstleistung einen Anspruch des Bauherrn wegen einer Falschberatung des Architekten nicht ausschließt. Insoweit läge weiterhin ein Anspruch gemäß §§ 631, 280 BGB gegen den Architekten nahe.

Fazit:

Die Tätigkeit der Architekten enthält in vielfacher Hinsicht Berührungen zu Rechtsdienstleistungen. Architekten sollten infolge des Beschlusses des OLG Koblenz jedoch klar für die Grenzen zur eigentlichen Rechtsdienstleistung sensibilisiert werden. Dies gilt umso mehr, als der Versicherungsschutz für Leistungen außerhalb des Berufsbilds in der Berufshaftpflichtversicherung in der Regel entfällt. Der Beschluss stellt klar, dass zumindest die Geltendmachung konkreter Sekundärrechte bzw. etwaiger Gestaltungsrechte, die die Haupttätigkeit des Architekten unberührt lassen, nicht in den Bereich der noch zulässigen Rechtsdienstleistung fallen. Architekten ist in diesen Fällen geraten, die Bauherren an die dafür vorgesehene Rechtsberatung zu verweisen, um nicht selbst für eine Leistung haften zu müssen, die von ihrem originären Leistungsumfang überhaupt nicht erfasst wird.

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