News | Newsletter | Neues zum Baurecht 03/2019
Vorplanung durch den Bauherrn muss durch Bauunternehmer überprüft werden!
KG, Urteil v. 22.04.2016, 21 U 119/14, BGH, Beschluss vom 11.10.2018 - VII ZR 132/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
Verpflichtet sich der Auftragnehmer zur Errichtung eines Bauwerks und werden vom Auftraggeber zuvor erstellte Pläne Vertragsbestandteil, muss der Auftragnehmer die bereitgestellten Pläne überprüfen.
Die Beklagte (Auftragnehmerin) verpflichtete sich zur Errichtung einer Reihenhausanlage in einem „schlüsselfertigen“ Zustand. Im Vertrag wurde ein Gesamtpaket ohne gesonderte Architektenleistungen vereinbart. Vertragsgrundlage waren im Vorfeld von der Klägerin (Auftraggeber) erstellte Pläne und planerischen Leistungen. Dort wurde ausdrücklich eine Abdichtung gegen drückendes Wasser vorgesehen. Die Beklagte führte beim Bau keinerlei Maßnahmen gegen den Wassereinbruch durch mit der Begründung, die Pläne seien widersprüchlich und so nicht ausführbar gewesen. In der Folgezeit entstand Streit über die Mangelhaftigkeit des Bauvorhabens. Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Vorschuss wegen Mängelbeseitigung in Höhe von EUR 550.589,20 geltend.
Das Landgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von EUR 345.000. Die restliche Klage wurde abgewiesen. Das Gericht begründete dies mit einem Mitverschulden der Klägerin in Höhe von einem Drittel, weil die Vorgaben im Vertrag missverständlich waren. Der Berufung wurde stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von EUR 530.540,08 verurteilt. Die anschließende Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wies der BGH ab.
Der Senat schloss sich der Entscheidung des Kammergerichts an. Die Klägerin muss sich gerade kein Mitverschulden anrechnen lassen, weil nach Ansicht des BGH nicht entscheidend ist, welche Leistungen der im Vorfeld beauftragte Architekt der Klägerin erbringen musste, sondern zu welchen Leistungen sich die Beklagte verpflichtet hat. Sie hat sich zur mangelfreien Ausführung verpflichtet. Aus den vorgelegten Planungsunterlagen war für die Beklagte klar erkennbar, dass sie die für eine mangelfreie Kellerabdichtung gegen drückendes Wasser erforderlichen Planungsleistungen erbringen musste. Selbst bei der Annahme, die vorgelegte Planung wäre fehlerhaft oder widersprüchlich gewesen, habe die Beklagte dies durch ihren eigenen Verursachungsbeitrag weggedrängt. Besonders schwer wiegt hier die Tatsache, dass seitens der Beklagten keine Hinweise auf die Fehlerhaftigkeit bzw. Widersprüchlichkeit der Unterlagen erfolgt sind. Dies war aber bei einem Fachunternehmen zu erwarten und auch zumutbar. Hier hätte eine Bedenkenanzeige erfolgen müssen.
Unter Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung wurde durch den Senat auch ein Mitverschulden durch die fehlerhafte Bauüberwachung der Klägerin verneint. Eine mangelhafte Bauüberwachung des Bauherrn begründet kein Mitverschulden des Bauherrn gegenüber dem Bauunternehmer.
Fazit
Der BGH ist zurückhaltend bei der Annahme von Mitverschulden des Bauherrn. Im entschiedenen Einzelfall ist dies auf die Schwere und Grobheit der mangelhaften Ausführung zurückzuführen. Dies überwiegt etwaige Planungsfehler des Bauherrn. Dass der anstehende Wasserdruck entsprechende zusätzliche Abdichtungsmaßnahmen erforderlich machte, war aus den Unterlagen ersichtlich. Nur weil geplante Maßnahmen ggf. nicht durchführbar waren bzw. ihren Zweck verfehlen würden, darf der Bauunternehmer aus der Planung ersichtliche Umstände nicht gänzlich ignorieren und einfach ohne zusätzliche Abdichtungsmaßnahmen das Werk errichten. Etwaiges Mitverschulden bei der Planung tritt da zurück. Insbesondere weil es sich um ein Fachunternehmen mit entsprechendem Wissen und Sachkunde handelt. Es bleibt dabei, dass der Bauunternehmer bei den kleinsten Zweifeln an den Planungsleistungen seines Bauherrn Bedenken anmelden muss.
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