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Zur Zwangsvollstreckung von Mängelbeseitigungsleistungen

Nach der herrschenden Meinung richtet sich die Vollstreckung grundsätzlich nach § 887 ZPO, wenn ein Schuldner zu einer Mängelbeseitigung verurteilt wird, da Baumaßnahmen in der Regel vertretbare Handlungen sind. Ausnahmsweise kann aber auch eine unvertretbare Handlung vorliegen, die gemäß § 888 ZPO zu vollstrecken ist.

Oberlandesgericht München, Beschl. v. 14.02.17, Az.: 9 W 20204/16 Bau

Die antragstellenden Erwerber hatten mit dem Bauträger einen Vergleich abgeschlossen, gemäß welchem sich dieser dazu verpflichtet hatte, Trittschallmängel zu beseitigen. Die Parteien des Vergleichs waren sich weiter einig, einvernehmlich zusammenzuwirken, sodass die Mangelbeseitigung wegen der Schallschutzmängel auch mit dem Nachbarn durchgeführt werden kann. Die Terminsorganisation mit dem Eigentümer der Nachbarwohnung sollte dem Bauträger obliegen. Der Bauträger hatte im Einvernehmen mit den Erwerbern und dem Nachbar Mängelbeseitigungsmaßnahmen durchgeführt, die jedoch nur zu einer teilweisen Verbesserung des Schallschutzes führten. Die Durchführung weiterer Maßnahmen lehnte er ab.

Die Erwerber beantragten daher im Zwangsvollstreckungsverfahren die Festsetzung eines Zwangsgeldes hilfsweise die Anordnung von Zwangshaft gegenüber dem Geschäftsführer des Bauträgerunternehmens. Das Landgericht München I, Az.: 18 O 5960/08, gab dem Antrag statt, weil es sich bei den Mängelbeseitigungsmaßnahmen um eine nicht vertretbare Handlung i. S. d. § 888 ZPO handele. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Bauträgers wies das Oberlandesgericht München kostenpflichtig zurück.

Zur Begründung des Beschlusses führt das Oberlandesgericht München aus, dass folgende Erwägungen für das Vorliegen einer nicht vertretbaren Handlung sprechen würden:

  • Dem Schuldner, hier dem Bauträger, dürfe die Auswahl zwischen mehreren zum Erfolg führenden Handlungen nicht genommen werden. Diese Auswahl dürfe nur der Schuldner kraft eines eigenen Willensaktes treffen.
  • Es handele sich um eine komplexe Baumaßnahme, was allein schon der (teilweise) gescheiterte Nachbesserungsversuch des Bauträgers zeige.
  • Zudem sei die Erforderlichkeit eines Zusammenwirkens von Schuldner, Gläubiger und Nachbar denkbar; so insbesondere auch zur Terminsorganisation.

Das Oberlandesgericht München geht in dem Beschluss dagegen nicht auf BGH, Beschl. v. 09.10.2013, Az.: I ZB 51/11, ein, wonach eine unvertretbare Handlung dann nicht vorliegt, wenn ein Dritter das zur Durchführung einer Baumaßnahme erforderliche Einverständnis bereits erklärt hat. Da der Nachbar im gegebenen Fall sein Einverständnis mit der Durchführung der Baumaßnahme erklärt hatte, bestand für die Erwerber an sich kein Hindernis mehr, mit einem im Wege der Zwangsvollstreckung gemäß § 887 ZPO zu erzielenden Kostenvorschuss die gerügten Mängel selbst zu beseitigen. Die hiergegen vom OLG München angeführte Überlegung, dem Schuldner dürfe sein Wahlrecht zwischen verschiedenen Mängelbeseitigungsvarianten nicht genommen werden, dürfte dagegen im Rahmen der Zwangsvollstreckung gerade der Normalfall sein. Ebenso dürfte es auch nichts Besonderes sein, dass sich eine Baumaßnahme als komplex erweist.

Für die nun vom Oberlandesgericht München vertretene Ansicht spricht, dass der Bauträger offenbar erkennbar mutwillig die Durchführung weiterer Maßnahmen verweigerte und den Erwerben mit den angeordneten Zwangsmitteln eine Handhabe gegeben wurde, diesen doch noch zur Mängelbeseitigung zu bewegen.

Fazit:

Nach herrschender Meinung erfolgt die Zwangsvollstreckung von Mängelbeseitigungsmaßnahmen gemäß § 887 ZPO, da es sich hierbei grundsätzlich um eine vertretbare Handlung handelt. Wie der Beschluss des OLG München zeigt, dürften die Fallgruppen, in welchen aufgrund der Komplexität der Baumaßnahme und der Erforderlichkeit der Zustimmung von Dritten auch eine Zwangsvollstreckung gemäß § 888 ZPO in Betracht kommt, allerdings gar nicht so selten sein.

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