Section-Image

News aus der LP-Welt

Pressemeldungen, Auszeichnungen, Veröffentlichungen, Seminare - wir halten Sie informiert

Bauüberwacher haftet dem Auftraggeber für Bauausführung nach spiegelverkehrter Ausführungsplanung auf Schadensersatz!

Der mit der Bauleitung einer zu errichtenden Produktionsstraße beauftragte Architekt muss die ihm übergebenen Pläne auf solche Mängel untersuchen, die nach den von ihm zu erwartenden Kenntnissen erkennbar sind. Hierzu zählt insbesondere die vorgegebene Reihenfolge des geplanten Arbeitsablaufes der Produktionsstraße. Übersieht er einen solchen Fehler schuldhaft, so haftet er dem Besteller auf Schadensersatz, wenn nach dem fehlerhaften Plan gebaut worden ist.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 02.03.2017 – 8 U 152/15

Der Auftraggeber (Beklagte) beauftragte den Auftragnehmer (Kläger) unter anderem mit der Ausschreibung und der Bauleitung bei der Herstellung einer von der Beklagten geplanten Produktionsstraße nebst Maschinenfundamenten sowie der Tragwerksplanung und Fertigung der Schal- und Bewehrungspläne. In dem von der Beklagten gelieferten „Fundamentplan vorab“ für die Lackieranlage war diese und die zugehörigen Fundamente jedoch spiegelverkehrt eingezeichnet, sodass der Plan eine falsche Produktionsreihenfolge – Trocknen, Lackieren, Reinigen – darstellte. Die Beklagte erkannte diesen Fehler nicht und übergab den Plan an den Kläger, der den Fehler ebenfalls nicht erkannte. Auch der vom Kläger als Nachunternehmer beauftragte Tragwerksplaner bemerkte den Fehler nicht und übertrug ihn in den Schalplan. Der Fehler wurde erst während der Bauphase bemerkt. Für die Mangelbeseitigung wandte die Beklagte ca. EUR 50.000,00 auf und rechnete vorprozessual einem Schadensersatzanspruch gegen den Vergütungsanspruch des Klägers in dieser Höhe auf. Dieser klagt auf Restwerklohn.

Teilweise zu Recht: Das OLG Karlsruhe bestätigt einen Schadensersatzanspruch der Beklagten. Diese müsse sich jedoch ein Mitverschulden von mindestens 50 % wegen der fehlerhaften Fundamentplanung anrechnen lassen. Zwar hafte der Kläger nicht als Tragwerksplaner. In seiner Eigenschaft als Tragwerksplaner müsse der Ingenieur nicht überprüfen, ob die vorgegebene Anordnung der Fundamente für den späteren Produktionsverlauf sinnvoll war oder nicht. Etwas anderes gelte jedoch für den Kläger als Bauüberwacher. Grundsätzlich habe der bauüberwachende Architekt die ihm vorgelegten Pläne auf solche Mängel zu untersuchen, die nach den von ihm zu erwartenden Kenntnissen erkennbar seien. Diesem müsse im Rahmen der Bauüberwachung der gesamten Produktionsstraße insbesondere die vorgegebene Reihenfolge des geplanten Arbeitsablaufs – Reinigen, Lackieren, Trocknen – bekannt sein. Auch musste dies dem Kläger aufgrund seiner Tätigkeit bei der Ausschreibung bekannt sein. Diese Kenntnisse seien für die ordnungsgemäße Bauüberwachung unabdingbar.

Fazit:

Das Oberlandesgericht Karlsruhe verweist insbesondere auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.11.2008 – VII ZR 206/06, in welcher bereits festgestellt wurde, dass der bauaufsichtsführende Architekt eine herausgehobene Stellung unter den Baubeteiligten hat und dieser die plangerechte und mangelfreie Verwirklichung des Bauwerks schuldet. Dazu gehört nach Ansicht des Bundesgerichtshofs auch die Prüfung – in den durch die Aufgabe vorgegebenen Grenzen – der ihm vorgelegten Pläne, ob diese geeignet sind, das Bauwerk mangelfrei entstehen zu lassen. Dies wird durch das Oberlandesgericht im vorliegenden Falle darauf angewendet, dass der Bauüberwacher bei der Herstellung einer Produktionsstraße die ihm übergebenen Pläne auch hinsichtlich der Konformität mit dem Produktionsprozess zu überprüfen hat. Mit den vermehrt kritischen Stimmen aus der jüngeren Literatur, die sich für eine differenziertere Betrachtung Leistungsinhaltes der Bauüberwachungspflichten einsetzen, setzt sich das Oberlandesgericht Karlsruhe nicht auseinander. Dem Bauüberwacher kann im Hinblick auf die aktuelle Rechtsprechung hinsichtlich der von ihm zu erwartenden Kenntnisse bei technisch komplexen Vorhaben daher nur geraten werden, sämtliche übergebene Pläne gründlich zu prüfen, im Zweifel bei dem jeweiligen Planer das notwendige Fachwissen zu erfragen und den Auftraggeber auf etwaige Widersprüche hinzuweisen. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen dem Bauüberwacher nicht auch zugleich die Ausführungsplanung übertragen wurde.

Weitere Artikel dieser Ausgabe

  • Dr. Amneh Abu Saris: Wesentliche Mängel verhindern Ablösung des Sicherheitseinbehalts: Klausel unwirksam!

     

  • Kostenvorschussanspruch: Der Auftraggeber darf die Kosten laienhaft schätzen

     

  • Zur Zwangsvollstreckung von Mängelbeseitigungsleistungen

     

  • Hauke Meyhöfer: Mehrvergütungsanspruch für Zusatzleistungen auch bei Pflicht zur Vorlage von Nachtragsangeboten „möglichst vor Ausführung“

     

  • Urteilsbesprechung zum Urteil des OLG München vom 06.12.2016 zu 28 U 2388/16

     

  • Kein Mitverschulden des Auftraggebers bei offensichtlichen Planungsfehlern