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Vertragsstrafenklausel i.H.v. 5 % der Auftragssumme im Einheitspreisvertrag unwirksam

BGH, Urteil vom 15.02.2024 - VII ZR 42/22

Nach dieser Entscheidung des BGH ist eine vom Auftraggeber in einem Einheitspreisvertrag gestellte AGB-Vertragsstrafenklausel gemäß § 307 BGB unwirksam, wenn sie der Höhe nach auf 5 % der Auftragssumme begrenzt ist.

Der Fall

Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer (AN) schlossen im Jahr 2016 einen Einheitspreisvertrag über die Erbringung von Bauleistungen zur Erschließung von über 1.500 Haushalten mit Glasfaserkabeln. Der Vertrag sah eine Fertigstellung bis zum  30. November 2017 vor und enthielt eine vom AG gestellte AGB-Vertragsstrafenklausel, nach welcher der AN bei Überschreitung der Fertigstellungsfrist für jeden Werktag des Verzugs 0,2% der im Auftragsschreiben genannten Netto-Auftragssumme zu zahlen hat. Dabei wurde die Höhe der Vertragsstrafe auf maximal 5% der im Auftragsschreiben genannten Netto-Auftragssumme begrenzt.

Der AN stellte seine Arbeiten erst ca. acht Monate nach dem vereinbarten Fertigstellungstermin fertig. Der AG zieht die o.g. Vertragsstrafe in maximaler Höhe von der Schlussrechnung des AN ab. In seiner daraufhin erhobenen Restwerklohnklage wehrt sich der AN gegen diesen Abzug und argumentiert, die Vertragsstrafenklausel sei nach § 307 BGB unwirksam.

Die Entscheidung des BGH

Dieser Auffassung des AN schließt sich der BGH an und erläutert hierzu Folgendes:

Eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers gemäß § 307 BGB liegt vor, wenn es eine vom Auftraggeber gestellte AGB-Vertragsstrafenklausel ermöglicht, dass bei einer Überschreitung des Fertigstellungstermins eine Vertragsstrafe von mehr als 5% des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers anfällt. Eine darüber hinausgehende Vertragsstrafe würde nicht mehr in einem angemessenen wirtschaftlichen Verhältnis zu dem tatsächlichen Verdienst des Auftragnehmers stehen, da dieser hierdurch in vielen Fällen nicht nur seinen Gewinn verliert, sondern einen spürbaren Verlust erleidet.

Maßgebliche Bezugsgröße für die vorgenannte Grenze von 5% des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers ist somit nach dem BGH die „Abrechnungssumme in ihrer objektiv richtigen Höhe“.

In einem – hier geschlossenen – Einheitspreisvertrag kann es z.B. durch die Verringerung der tatsächlich ausgeführten gegenüber den bei Vertragsschluss zugrunde gelegten Mengen zu einer nachträglichen Absenkung des Auftragsvolumens kommen. Diese Absenkungsmöglichkeit berücksichtigt die hier in Rede stehende Vertragsstrafenklausel des AG jedoch nicht, sondern verweist als Bezugsgröße für die 5%igen Höchstgrenze auf die – starre – im Auftragsschreiben genannte Netto-Auftragssumme. Im Falle einer solchen Absenkung würde der AN somit durch die Vertragsstrafe mehr als 5% seines Vergütungsanspruches bzw. der Abrechnungssumme verlieren. Bereits die Eröffnung dieser Möglichkeit führt zu einer Unwirksamkeit der Vertragsstrafenklausel gemäß § 307 BGB.

Fazit

Zahlreiche Vertragsmuster knüpfen hinsichtlich der 5%igen Höchstgrenze für die Vertragsstrafe an die „Auftragssumme“ an. Zwar weist der BGH darauf hin, dass dieser Begriff grundsätzlich auslegungsfähig ist, so dass hiermit ggf. auch die nach der Abwicklung des Vertrags geschuldete Vergütung zu verstehen sein kann. Da im Rahmen der AGB-Prüfung jedoch die verwenderfeindlichste Auslegungsvariante heranzuziehen ist, dürfte dies eher der Ausnahmefall bleiben. Vor diesem Hintergrund kann nur jedem Auftraggeber empfohlen werden, seine Vertragsmuster zu überprüfen und die Formulierung „Auftragssumme“ zu ändern (etwa in „Abrechnungssumme in ihrer objektiv richtigen Höhe“).

Spannend wird es zudem sein, ob die Argumentation des BGH zur maßgebenden Bezugsgröße für die Höchstgrenze der Vertragsstrafe auch auf einen Pauschalpreisvertrag übertragen werden kann. BGH betont zwar, dass sich sein Urteil auf einen Einheitspreisvertrag bezieht, jedoch besteht auch in einem Pauschalpreisvertrag die Möglichkeit, dass es nach Vertragsschluss zu einer Absenkung des ursprünglich angenommenen Auftragsvolumens kommt (z.B. durch „Minderkostennachträge“ oder im Fall einer Kündigung).

Ein weiteres Themenfeld, in welchem diese Argumentation des BGH eine Rolle spielen könnte, ist das der Mängelsicherheiten. Wird in einer AGB-Sicherungsabrede nicht auf die Abrechnungssumme, sondern auf die Auftragssumme oder auf den vom Auftraggeber geltend gemachten Schlussrechnungsbetrag abgestellt oder ein fester Betrag vorgegeben, kann sich im Falle der oben beschriebenen Absenkung eine im Ergebnis zu hohe Summe ergeben, was zur Unwirksamkeit führt.

Autor

Rasmus Gersch

Rasmus Gersch

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