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Schluss mit der Erstattung fiktiver Mängelbeseitigungskosten auch im Kaufrecht?

OLG Frankfurt, Urteil vom 21.01.2019 - 29 U 183/17 (nicht rechtskräftig)

Auf Basis der zum Werkvertragsrecht ergangenen Rechtsprechungsänderung des BGH hat nunmehr das OLG Frankfurt (Urteil vom 21.01.2019 - 29 U 183/17) entschieden, dass auch der Käufer einer mangelhaften Sache seinen Schaden nicht auf Grundlage der fiktiven Mangelbeseitigungskosten berechnen kann, wenn er die Sache im mangelbehafteten Zustand behält. Dies soll insbesondere dann gelten, wenn die fiktiven Mangelbeseitigungskosten den Sachwert des Gebäudes erreichen oder übersteigen. Ebenso wie im Werkvertragsrecht sei auch im Kaufrecht aus Gründen des allgemeinen vertraglichen Schadensrechts eine Abrechnung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten mit dem Verbot der Überkompensation unvereinbar.

Zum Sachverhalt: Die Parteien schlossen einen Kaufvertrag über eine Immobilie. Nach der Übergabe des Grundstücks stellten die klagenden Käufer fest, dass Teile des Gebäudes massiv vom Holzbock und vom Kellerschwamm befallen waren. Sie ließen ein Privatgutachten erstellen, das die Mängel bestätigte und eine Kostenschätzung zur Sanierung der Mängel enthielt. Anhand von Indizien war davon auszugehen, dass der Verkäufer Kenntnis von den Mängeln hatte. Eine Haftung wegen arglistigen Verschweigens der Mängel kam daher in Betracht. Die Käufer haben das Gebäude bezogen und mit den Renovierungsarbeiten begonnen. Mit der Erhebung der Klage sollten die vom Privatgutachter ermittelten fiktiven Mängelbeseitigungskosten als Schaden beim Verkäufer eingefordert werden.

Das OLG Frankfurt hat jedoch durchgreifende Bedenken gegen eine Schadensberechnung anhand der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten und hebt das Urteil des LG Frankfurt unter Zulassung der Revision auf. Nach Ansicht der OLG Frankfurt sei die Zulässigkeit einer Abrechnung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten eine Frage des allgemeinen Schadensrechts, die sich für das Kaufrecht in gleicher Weise stelle wie für das Werkvertragsrecht. Der für das Kaufrecht zuständige 5. Zivilsenat des BGH habe in der Vergangenheit stets ausgesprochen, dass der Nacherfüllungsanspruch im Kaufrecht und im Werkrecht inhaltsgleich sei (vgl. BGH, Urteil vom 15.06.2012 - V ZR 198/11). Aus dieser Bewertung folge, dass auch hinsichtlich des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung eine Differenzierung nicht überzeuge. Dies gelte insbesondere für die Frage einer möglichen Überkompensation durch Zuerkennung von fiktiven Mangelbeseitigungskosten. Eine solche, vom Grundsatz des allgemeinen Schadensrechts nicht gedeckte Besserstellung des Geschädigten infolge des Ausgleichs der mangelhaften Leistung könne insbesondere bei der Veräußerung einer Immobilie ohne Herstellungsverpflichtung im Fall von Sachmängeln auftreten, wenn der Ersatzbetrag anhand der fiktiven Mangelbeseitigungskosten bemessen werde. Dies sei insbesondere dann nicht sachgerecht im Sinne des allgemeinen Schadensrechts, wenn die Nacherfüllung zwar hohe Kosten verursache, aber nicht zu einer nachhaltigen Wertsteigerung der Sache führe.

Fazit

Hat der BGH in seinem Urteil vom 22.02.2018 (VII ZR 46/17) ausdrücklich offen gelassen, ob die neu aufgestellten Grundsätze auch im Kaufrecht Anwendung finden, überträgt das OLG Frankfurt die zum Werkvertragsrecht ergangene Entscheidung nunmehr mit guten Argumenten auf das Kaufrecht. Das OLG Düsseldorf hatte kurz zuvor (Urteil vom 09.10.2018, 24 U 194/17) noch anders entschieden. Abzuwarten bleibt, wie die für das Kaufrecht zuständigen Senate des BGH mit dieser Problematik umgehen werden.

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