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Pauschalhonorarvereinbarung formunwirksam: Ingenieur kann nach Mindestsätzen abrechnen!

OLG Frankfurt, Beschluss v. 14.11.2018, 13 U 258/17

Erkennen Bauherr und Architekt nicht, dass die zwischen ihnen mündlich getroffene Pauschalhonorarvereinbarung formunwirksam ist, ist die Geltendmachung des restlichen Honoraranspruchs auf Basis der Mindestsätze der HOAI nicht treuwidrig.

Der Kläger (Ingenieur) macht gegen die Beklagte (Bauherrin) einen restlichen Vergütungsanspruch aus einem zwischen den Parteien mündlich geschlossenen Ingenieurvertrag für die Erbringung der Leistungsphasen 1 bis 8 für die Gewerke Heizung und Sanitär geltend.
Die Parteien haben auf der Grundlage des „Leistungsbildvorschlags“ ein Pauschalhonorar in Höhe von EUR 57.000,00 netto vereinbart.
In der Folgezeit entstand Streit zwischen den Parteien über die Zahlung von Abschlagsrechnungen. Schlussendlich hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung von rund EUR 27.000,00 verklagt. Zur Begründung verweist der Kläger unter anderem darauf, dass die mündlich getroffene Pauschalhonorarvereinbarung formunwirksam sei. Die Beklagte hält dem entgegen, dass der Kläger sich widersprüchlich verhalte und treuwidrig handle, indem er sich nun auf die Formunwirksamkeit der Honorarvereinbarung berufe.

Das erstinstanzliche Gericht hatte die Klage des Klägers in vollem Umfang abgewiesen.

Der Kläger verfolgt mit der eingelegten Berufung seinen erstinstanzlichen Zahlungsantrag in Höhe von EUR 13.512,45 weiter und hat nach Erstellung und Einreichung einer Schlussrechnung die Klage um weitere EUR 14.070,63 erweitert.

Der Senat erteilt den Einwänden der Beklagten eine Absage. Hierzu führt er aus, dass beide Parteien offenkundig die Formunwirksamkeit der mündlich getroffenen Pauschalhonorarvereinbarung verkannt haben. Wenn der Fachingenieur sich nun auf die Formunwirksamkeit der mündlichen Vereinbarung beruft, ist das kein treuwidriges Verhalten, das einen Vertrauensschutz zu Gunsten der Bauherrin auslöst. Vor diesem Hintergrund erscheine die Geltendmachung des restlichen Vergütungsanspruches auf der Grundlage einer Schlussrechnung unter Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht als treuwidrig.
Im Übrigen sei die Schutzwürdigkeit der Beklagten jedenfalls insoweit nicht ersichtlich, als der geltend gemachte Restvergütungsanspruch auf der Grundlage einer Schlussrechnung das unwirksam vereinbarte Pauschalhonorar nicht übersteigt.

Fazit

Im Ergebnis mag die Entscheidung des Senats zwar zutreffend sein, weil die von dem Ingenieur geltend gemachte Restvergütung auf Grundlage der Berechnung nach HOAI-Mindestsätzen das ursprünglich vereinbarte Pauschalhonorar nicht übersteigt. Jedoch zeigt diese Entscheidung wiederum, dass die Instanzgerichte die vom BGH in ständiger Rechtsprechung (Urteil vom 27.10.2011, Az. VII ZR 163/10; Urteil vom 22.04.2010, Az. VII 48/07) aufgestellten Kriterien zur Bindungswirkung von Honorarvereinbarungen eher restriktiv anwenden. Danach kann sich der Architekt nicht auf die Unwirksamkeit einer Honorarvereinbarung berufen, wenn kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt sind: (1) Der Auftraggeber muss auf die abschließende Honorarberechnung vertrauen dürfen, (2) er muss auch tatsächlich hierauf vertraut haben und (3) sich deshalb in einer Weise auf die abschließende Berechnung eingerichtet haben, (4) dass ihm eine Nachforderung nicht mehr zugemutet werden kann.

Immer wieder unternehmen Architekten den Versuch, sich nachträglich, d. h. lange nach Abschluss einer Honorarvereinbarung ggf. sogar in einem öffentlichen Vergabeverfahren, auf die Unwirksamkeit dieser zu berufen, um dann nach (höheren) Mindestsätzen abzurechnen.
Wie die Vielzahl der Entscheidungen der Instanzgerichte zeigt, ist dieses Vorgehen der Architekten oftmals von Erfolg gekrönt. Dabei verkennen die Gerichte jedoch, dass die Regelung des § 7 HOAI 2009 („Honorarvereinbarung“) dem Schutz des Auftraggebers und nicht des Architekten dienen soll.

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