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Bauablaufbezogene Darstellung für Entschädigung nach § 642 BGB nicht per se erforderlich!

Macht der Unternehmer eine Entschädigung nach § 642 BGB wegen Annahmeverzugs des Bestellers geltend und legt dar, wie ihm durch den Annahmeverzug ein Vermögensnachteil entstanden ist, so sind weitere Ausführungen zum Bauablauf oder gar eine bauablaufbezogene Darstellung zur Anspruchsbegründung nicht erforderlich.

KG, Urt. v. 10.01.2017 – 21 U 14/16

Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin in Folge einer Bauzeitverlängerung nach erfolgter Kündigung. Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit der Herstellung einer Sprinkleranlage. Als Fertigstellungstermin des ersten Bauabschnitts war die 50. KW 2008 vereinbart. Infolge der Insolvenz eines von der Beklagten beauftragten Rohbauunternehmens sowie verzögerter Planübergaben durch die Beklagte kam es zu erheblichen Verzögerungen bei der Leistungserbringung. Die Klägerin macht nun unter anderem Mehrkosten wegen Preiserhöhung aufgrund von Verzögerungen der Arbeiten im ersten Bauabschnitt für das Jahr 2011 geltend. Das Landgericht lehnte einen dahingehenden Mehrkostenanspruch der Klägerin ab.

Das Kammergericht meint: Zu Unrecht! Für die Begründung einer Mitwirkungsobliegenheit des Bestellers im Sinne des § 642 BGB ist es ausreichend, dass dem Unternehmer eine verbindliche vertragliche Ausführungsfrist auferlegt war. Denn damit obliegt es dem Besteller, jedenfalls so weit an der Vertragsdurchführung mitzuwirken, dass der Unternehmer diese Frist einhalten kann, was vorliegend nicht der Fall war. Für hierdurch entstehende Nachteile hat der Besteller den Unternehmer nach § 642 BGB zu entschädigen, wenn dieser zur Leistung bereit und im Stande ist und dem Besteller seine Leistung wie vertraglich vereinbart anbietet. Gegenstand dieser Entschädigung sind auch Zuschläge für Allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn. Ein Anspruch aus § 642 BGB ist dann dargelegt, wenn nachvollzogen werden kann, wie der Vermögensnachteil, für den der Unternehmer eine Entschädigung begehrt, durch den Annahmeverzug des Bestellers verursacht worden ist. Eine weitere Darlegung des Bauablaufs ist dann zur Begründung eines Anspruchs nicht erforderlich.

Fazit:

Die Entscheidung des Kammergerichts setzt sich in ausdrücklichen Kontrast zu den Entscheidungen des OLG Köln (Urt. v. 28.01.2014 – 24 U 199/12 und Beschl. v. 08.04.2015 – 17 U 35/14), die letztlich für Ansprüche aus § 642 BGB die Darlegungsanforderungen des § 6 Abs. 6 VOB/B anlegen. Das Urteil des Kammergerichts ist nicht rechtskräftig, die Revision wird unter dem Aktenzeichen VII ZR 16/17 geführt. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, wie der BGH Stellung beziehen wird. Bis dahin bietet das Urteil Auftragnehmern die Möglichkeit, auf Verletzung von Mitwirkungsobliegenheiten des Auftraggebers beruhende bauzeitliche Ansprüche insbesondere in komplex gestörten Vorhaben ohne eine – in solchen Fällen kaum zu leistende – bauablaufbezogene Darstellung durchzusetzen und hierbei auch die Anteile für Wagnis und Gewinn geltend zu machen. Auch letzteres stellt eine erhebliche Erleichterung hinsichtlich der Darlegungs- und Beweisanforderungen des Auftragnehmers dar, da entgangener Gewinn im Falle des alternativ anzuwendenden § 6 Abs. 6 VOB/B nur im Falle von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit zu ersetzen ist. Ebenfalls kann die hoch streitig geführte Diskussion hinsichtlich der dogmatischen Einordnung von in der Bauzeitverlängerung nicht erwirtschafteter AGK als Schaden nach § 249 BGB oder als entgangener Gewinn umschifft werden. Ist der Auftragnehmer also der Ansicht, dass er sich durch fehlende Mitwirkungshandlungen des Auftraggebers behindert sieht, so sollte neben einer Behinderungsanzeige stets auch eine Inverzugsetzung des Auftraggebers hinsichtlich der unterlassenen Mitwirkungshandlung erfolgen.

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