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Bei Tagesbaustellen kein Schlechtwetterrisiko

Immer wieder stellt sich in der anwaltlichen Beratungspraxis die Frage, ob bei Baustellen, die z. B. nur über ein Wochenende laufen und zudem in der schlechten Jahreszeit stattfinden, nach § 6 Abs. 2 VOB/B „ortsübliche Schlechtwettertage“ vom Auftragnehmer zu berücksichtigen sind. 

Das Landgericht Karlsruhe hat sich nun ausdrücklich der von Leinemann im VOB/B-Kommentar bei § 6 VOB/B, Rn. 55/56 vertretenen Auffassung angeschlossen, dass das Schlechtwetterrisiko grundsätzlich nicht vom Auftragnehmer übernommen  wird, wenn es sich um Tages- oder Wochenendbaustellen handelt. Das gilt auch dann, wenn die Bauarbei-ten in einer Jahreszeit stattfinden, wo typischerweise mit schlechtem Wetter zu rechnen ist (z. B. Schneefall im Januar, Frost im Dezember). 

Im entschiedenen Fall ging es um eine Eisenbahnbaustelle, bei der im Januar zur Nachtzeit während einer Sperrpause Schweißarbeiten an einer Hauptstrecke auszuführen waren. In der fraglichen Nacht betrug die Schienentemperatur -8°C, so dass aus technischen Gründen Schweißarbeiten nicht mehr möglich und nach interner Bahn-Richtlinie auch nicht zulässig waren. Der AG ließ die Arbeiten trotz Bedenkenanmeldung ausführen mit der Folge, dass sie im Frühjahr wiederholt werden mussten. Die Mehrkosten will der AG nicht tragen, weil sich der AN in Verzug befunden habe, denn er habe die Arbeiten im Januar durchführen und ge-gebenenfalls Vorsorge gegen das jahreszeittypische Schlechtwetter (Frost im Januar) treffen müssen. 

Das LG Karlsruhe gibt dem klagenden Bauunternehmen mit Urteil vom 14.11.2014, 14 O 25/14 recht. Mit der erstmaligen Durchführung der Schweißarbeiten im Januar hat der Unternehmer seine vertraglichen Leistungspflichten erfüllt. Zwar waren die Arbeiten wegen der zu niedrigen Temperatur im Ergebnis mangelhaft; durch die Bedenkenanmeldung nach § 4 Abs. 3 VOB/B ist der AN jedoch von der Haftung für den Mangel nach § 13 Abs. 3 VOB/B befreit. Die erneute Ausführung der Schweißarbeiten stellt sich damit als zusätzlich zu vergü-tende Leistung nach § 2 Abs. 6 VOB/B dar. Bei sehr kurzen Bauzeiten von Tagen oder Stunden ist die Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B, wonach der AN das Risiko des ortsüb-lich auftretenden Schlechtwetters trägt, nicht anwendbar. Damit führt jegliches Schlechtwet-ter, das die Ausführung der Arbeiten behindert, bei Tages- oder Wochenendbaustellen oder noch kürzeren Bauzeiten zu einem Bauzeitverlängerungsanspruch des AN nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 c VOB/B, weil es sich um für den Auftragnehmer unabwendbare Umstände handelt. Die Entscheidung ist rechtskräftig und kann daher gut als Argumentationshilfe bei vergleich-baren Fällen verwendet werden.

Autor

Prof. Dr. Ralf Leinemann

Prof. Dr. Ralf Leinemann

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