Section-Image

News aus der LP-Welt

Pressemeldungen, Auszeichnungen, Veröffentlichungen, Seminare - wir halten Sie informiert

Bei Planungsfehlern können Bedenken ausschließlich gegenüber dem Auftraggeber geäußert werden!

OLG Schleswig, Urteil vom 11.04.2014 – 1 U 10/13

Bedenkenanzeigen sind stets an den richtigen Adressaten zu richten.Dies ist bei Planungsfehlern allein der Auftraggeber.

Der Auftraggeber (AG) lässt eine Wohnanlage mit Eigentumswohnungen errichten, wozu er sich eines Generalunternehmers (GU) bedient. Der GU schließt mit seinem Nachunternehmer (NU) für das Bauvorhaben Verträge über Dachdecker- und Klempnerarbeiten ab. Grundlagen sind die VOB/B, die Zusätzlichen Vertragsbedingungen sowie das Leistungsverzeichnis (LV) des Architekten des GU. Der NU führt die Leistungen entsprechend des LV aus, ohne schriftliche Bedenken anzumelden. Der GU tritt seine Ansprüche gegen den NU an den AG ab. Nach Abnahme des Bauvorhabens treten Feuchtigkeitsschäden auf. Es wird ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet, mit dem Ergebnis, dass maßgebliche Fehler und Schwachstellen in der Nichteinhaltung der Vorgaben der Flachdachrichtlinien und der DIN 18195-5 liegen. Der Sachverständige schätzt die Mängelbeseitigungskosten auf ca. EUR 25.000,00. Daraufhin beansprucht der AG Schadensersatz vom NU. Dieser verteidigt sich damit, er habe gemäß Planung und LV des GU ausgeführt. Es handle sich ausschließlich um Planungsmängel, ihn treffe keine Aufklärungs- und Hinweispflicht. Bedenken habe er jedoch ausdrücklich mündlich gegenüber dem Architekten geäußert. Das Landgericht spricht dem AG den Schadenersatzanspruch dem Grunde nach zu. Dagegen legt der NU Berufung ein.

Ohne Erfolg! Dem AG steht der Anspruch gemäß § 13 Nr. 7 VOB/B 1998 zu. Ein Mangel gemäß § 13 Nr. 1 VOB/B liegt vor, weil die ausgeführte Leistung laut Feststellungen im selbstständigen Beweisverfahren zur Zeit der Abnahme gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstieß. Von seiner Haftung konnte sich der NU auch nicht durch § 13 Nr. 3 VOVB/B freizeichnen, weil es an einer schriftlichen Bedenkenanzeige gegenüber dem AG fehlte. Dass der NU Bedenken gegen die Planung angeblich mündlich gegenüber dem Architekten geäußert hatte, spielte keine Rolle, weil der Architekt der falsche Adressat war. Zwar kann der Architekt grundsätzlich Empfänger einer Bedenkenanzeige sein. Dies gilt jedoch nicht, wenn sich die Bedenken – wie vorliegend –  gerade auf eine fehlerhafte Planung des Architekten selbst beziehen. Ob die Schriftform der Erklärung durch eine zuverlässige, inhaltlich klare und vollständige mündliche Erklärung des NU ersetzt werden kann, musste das OLG daher nicht mehr entscheiden. 

Fazit

Die Entscheidung ist von aktueller Bedeutung. Sie entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung und zeigt, wieviel Wert auf korrekte Bedenkenanzeigen zu legen ist. Um einer Haftung nach § 280 Abs. 1 BGB zu entgehen, ist dem AN dringend anzuraten, die Anforderungen an eine Bedenkenanzeige gemäß § 4 Abs. 3 VOB/B zu erfüllen. Dabei sind neben inhaltlichen und zeitlichen Aspekten auch Formalitäten wie der richtige Adressat zu beachten. Richtiger Adressat ist stets der AG oder ein „befugter Vertreter“. Dies kann auch der Architekt sein, so regelmäßig wenn er für den AG die Bauüberwachung übernimmt und den Bauherrn dann in technischen Angelegenheiten gegenüber dem AN vertritt. Betreffen die Bedenken jedoch seine Planungsleistungen, scheidet der Architekt als Empfänger der Bedenkenanzeige aus. Im Zweifel ist daher, wie in dem Fall, in dem sich der Empfänger gegenüber den Bedenken verschließt, Vorsicht geboten. Will der AN sicher gehen, ist er gut beraten, wenn er – so mühsam es in der Praxis leider ist – seine Bedenkenanzeige erstens schriftlich und zweitens immer auch gegenüber dem AG abgibt. Getreu den Mottos: „Wer schreibt, der bleibt“ und „Doppelt hält besser“.

Weitere Artikel dieser Ausgabe

  • Dr. Thomas Hildebrandt: Verpächter kann vom Architekten Schadensersatz für die Sanierung der Pachtsache verlangen, auch

     

  • Eva Hildebrandt-Bouchon, M.A.: 8 Monate nach Baugenehmigung“ ist ein hinreichend bestimmter Fertigstellungstermin

     

  • BGB-Werkvertrag: Mängelrechte des Auftraggebers vor Abnahme?

     

  • Leistung rügelos abgenommen: Auftragnehmer muss Mängelbeseitigungskosten nicht ersetzen!

     

  • Mängelansprüche verjährt: Kann der Besteller trotzdem die Werklohnzahlung verweigern?

     

  • Jochen Lüders: Gilt die Formel „schlechter Preis bleibt schlechter Preis“ in jedem Fall?

     

  • Prof. Dr. Ralf Leinemann: Bei Tagesbaustellen kein Schlechtwetterrisiko