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8 Monate nach Baugenehmigung“ ist ein hinreichend bestimmter Fertigstellungstermin

BGH, Urt. v. 05.11.2015 - VII ZR 43/15

  1. „Acht Monate nach Baugenehmigung“ ist eine hinreichend bestimmte Fertigstellungsfrist gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB.
  2. Ein Vorbehalt der Vertragsstrafe bei Abnahme ist gemäß § 341 Abs. 3 BGB jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn der Besteller bereits vor Abnahme die Aufrechnung mit der Vertragsstrafe erklärt hat und der Anspruch auf Vertragsstrafe in Folge dessen bereits vollständig erloschen ist (insoweit Aufgabe von BGH, Urt. v. 04.11.1982, VII ZR 11/82, BGHZ 85, 240 = NJW 1983, 384).

Der Auftraggeber (AG) beauftragte den Auftragnehmer (AN) mit der schlüsselfertigen Errichtung einer Doppelhaushälfte nebst Fertiggarage. In dem Formularvertrag wurde geregelt, dass als Fertigstellungtermin „8 Monate nach Baugenehmigung“ vereinbart wird. Des Weiteren wurde zur Vertragsstrafe geregelt, dass, wenn die Vertragstermine überschritten werden, der AN verpflichtet ist, für jeden Kalendertag der Überschreitung an den AG eine Vertragsstrafe in Höhe von 0,2 % der Auftragssumme zu zahlen, höchstens jedoch 5 % der Netto-Auftragssumme. Die am 06.01.2011 erteilte Baugenehmigung wurde am 10.01.2011 an den AN übergeben. Acht Monate später, Mitte September 2011, war das Haus noch nicht fertiggestellt, woraufhin der AG die mangelnde Fertigstellung zum vereinbarten Zeitpunkt rügte und die Geltendmachung der Vertragsstrafe ankündigte. Ab 28.10.2011 vermietete der AG das Objekt, obwohl einige Restleistungen noch nicht durchgeführt worden waren. Am 09.11.2011 wurden durch einen beauftragten Sachverständigen unter Teilnahme beider Parteien mehrere erhebliche Mängel festgestellt. Eine ausdrückliche Abnahmeerklärung wurde an diesem Tag nicht abgegeben. Gegen die gestellte Schlussrechnung vom 31.10.2011 des AN rechnete der AG dann mit der Vertragsstrafe auf und zahlte den verbleibenden Restbetrag aus. Der AN klagte den restlichen Werklohn ein. Im Prozess wendet der AN ein, die Fertigstellungsfrist sei nicht hinreichend bestimmt und die Vertragsstrafe könne nicht mehr geltend gemacht werden, weil sich der AG diese bei Abnahme nicht vorbehalten habe.

Ohne Erfolg! Der Bundesgerichtshof folgt dem Berufungsgericht und stellt fest, dass die vereinbarte Fertigstellungsfrist hinreichend bestimmt und die Vertragsstrafe wirksam vereinbart worden ist. Da der AN mit der Fertigstellung des Objekts in Verzug geraten ist, ist die Vertragsstrafe auch gemäß § 339 BGB verwirkt. Anhand der vertraglichen Regelung lässt sich die Fertigstellungsfrist von dem Ereignis “Baugenehmigung“an nach dem Kalender berechnen, so dass der Verzug gem. § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB ohne Mahnung eintritt. Die Fertigstellungsfrist war spätestens am 10.09.2011, acht Monate nach Übergabe an den AN, abgelaufen. Da am 03.10.2011 Arbeiten im Innenbereich (Fließen, Bodenbelag, Wasseranschlüsse) und an den Außenanlagen (Zuwegung und Terrasse) nicht fertig gestellt waren, ist die Vertragsstrafe in voller Höhe angefallen.

Der AN hatte nicht schlüssig vorgetragen, dass ihn an der Fristüberschreitung kein Verschulden traf, da er keine Störungen im Bauablauf dargelegt hatte, die ein Entfallen der Vertragsstrafenregelung rechtfertigten. Gemäß § 345 BGB ist die Einhaltung der vereinbarten Fertigstellungsfrist, und bei Fristüberschreitung das fehlende Verschulden hieran, darzulegen und zu beweisen. Dazu muss der AN konkrete Angaben zu der Behinderung durch nicht in seiner Risikosphäre liegende Umstände machen. Lose Benennung dieser reicht nicht aus, vielmehr muss eine konkrete, bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Behinderung vorgelegt werden. Der Unternehmer muss deshalb darlegen und den nach § 286 ZPO erforderlichen Beweis dafür erbringen, wie lange die konkrete Behinderung andauerte. Dies hatte der AN nicht erbracht.

Auch der Vertragsstrafenanspruch ist nicht deshalb erloschen, da sich der AG diesen bei Abnahme der Werkleistung nicht vorbehalten hatte. Zwar kann gem. § 341 Abs. 3 BGB der Gläubiger, der die Erfüllung annimmt, die Vertragsstrafe grundsätzlich nur verlangen, wenn er sich das Recht dazu bei Annahme (in diesem Fall: bei Abnahme) vorbehält. Eine ausdrückliche Abnahmeerklärung ist unstreitig nicht erfolgt. Auch eine konkludente Abnahme verneint der BGH, da der AG vor Beginn der Nutzung bzw. innerhalb einer angemessenen Prüffrist erhebliche Mängel gerügt hat, die ihn zu einer Abnahmeverweigerung berechtigten. Der AN konnte somit nicht davon ausgehen, dass der AG das Werk als im Wesentlichen vertragsgerecht billigen wird.

Darüber hinaus ist ein Vorbehalt der Vertragsstrafe bei Abnahme gem. § 341 Abs. 3 BGB dann nicht erforderlich, wenn der Besteller bereits vor Abnahme die Aufrechnung mit der Vertragsstrafe erklärt hat und der Anspruch auf Vertragsstrafe in Folge dessen bereits vollständig erloschen ist. Sowohl nach dem Wortlaut des § 341 Abs. 3 BGB, als auch nach der Schutzfunktion der Regelung, ist die formale Erklärung des Vorbehalts bei Abnahme nicht mehr erforderlich, wenn die Vertragsstrafe bereits erfüllt ist. Der Schuldner hat auf diese Weise bereits Klarheit erhalten, dass die Vertragsstrafe geltend gemacht werden soll. Auch die Funktion des Druckmittels für den Gläubiger ist in diesem Fall bereits erfolgt.

Fazit

Bei Verträgen ist dementsprechend genau zu prüfen, welche Fertigstellungsfristen vereinbart sind, auch wenn diese nicht anhand eines Datums im Vertrag benannt sind. Auch eine anderweitige Beschreibung, wie im vorliegenden Fall „acht Monate nach Baugenehmigung“ kann ausreichend sein.

Des Weiteren ist anhand dieses Urteils vom BGH unter Abkehr seiner bisherigen Rechtsprechung festgestellt worden, dass ein Vorbehalt der Vertragsstrafe bei Abnahme dann nicht mehr erforderlich ist, wenn diese bereits gezogen wurde. Insofern bleiben dem Gläubiger seine Rechte erhalten.

Autor

Eva Hildebrandt-Bouchon, M.A.

Eva Hildebrandt-Bouchon, M.A.

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