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Anspruch auf Bauhandwerkersicherheit verjährt genau in drei Jahren ab Anforderung!

BGH, Urteil vom 21.11.2024 - VII ZR 245/23

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 21.11.2024 festgestellt, dass der Anspruch auf die Stellung einer Bauhandwerkersicherung nach § 648a BGB genau 3 Jahre nach dem Sicherungsverlangen verjährt.

Dem ganzen lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin verlangte von den Beklagten die Stellung einer Bauhandwerkersicherung in Höhe von 4.318.313,55 Euro. Die Beklagten sind Eigentümerinnen nebeneinander gelegener Grundstücke. Um den Umbau der Büro-Bestandsgebäude auf beiden Grundstücken mit Umnutzung in Wohngebäude für Studenten und ein Hotel zu gestalten, gründeten sie eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Diese GbR beauftragte die Klägerin als Generalplanerin.  Mit Schreiben vom 15. Oktober 2018 forderte die Klägerin die Beklagten auf, eine Bauhandwerkersicherung nach § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB in Höhe von 1.443.590,21 Euro zu stellen. Das erfolgte nicht. Ende Oktober 2018 kündigte die Beklagten den Vertrag wegen vermeintlicher Pflichtverletzungen der Klägerin fristlos aus wichtigem Grund. Am 14. Juni 2021 legte die Klägerin ihre Schlussrechnung und forderte die Beklagten (erneut) zur Stellung einer Bauhandwerkersicherung in Höhe von insgesamt 3.594.000 Euro auf. Auch diese wurde nicht gestellt.

Daraufhin erhob die Klägerin dann am 25.11.2018 die Klage auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung in Höhe von insgesamt 4.318.313,55 Euro. Die Beklagten erhoben die Einrede der Verjährung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Beklagten antragsgemäß zur Sicherheitsleistung nach ihrer Wahl in Höhe von 4.318.313,55 Euro verurteilt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebten die Beklagten die Wiederherstellung des klageabweisenden landgerichtlichen Urteils.

Mit Erfolg!

Der BGH hat festgestellt, dass die dreijährige Verjährungsfrist des Anspruchs auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung nach § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB taggenau mit dem Verlangen des Unternehmers nach Sicherheit. Das folgt aus der entsprechenden Anwendung von § 604 Abs. 5, § 695 Satz 2, § 696 Satz 3 BGB auf diesen Anspruch. Dabei handelt es sich um einen sogenannten verhaltenen Anspruch. Kennzeichnend für einen derartigen Anspruch ist zum einen, dass der Schuldner die Leistung nicht bewirken darf, bevor der Gläubiger sie verlangt und zum anderen, dass seine Entstehung und das Verlangen des Gläubigers nach Leistung zeitlich (zumeist) auseinanderfallen. Weder für verhaltene Ansprüche im Allgemeinen noch für den verhaltenen Anspruch nach § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB im Besonderen besteht eine spezielle Regelung über den Verjährungsbeginn.

In den Regelungen der §§ 604 Abs. 5, 695 Satz 2, 696 Satz 3 BGB, die den Beginn der Verjährung für die als "verhalten" identifizierten Ansprüche vorgeben, ist jeweils bestimmt, dass die Verjährung mit der Rückforderung / Beendigung, also der konkreten Gestaltungserklärung beginnt.  Diese Regelungen weichen von der allgemeinen Bestimmung des § 199 Abs. 1 BGB zur Verjährung ab. Danach beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist erst, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.

Mit diesen speziellen Regelungen für verhaltene Ansprüche wollte der Gesetzgeber verhindern, dass bereits mit Vertragsschluss die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB in Gang gesetzt wird, mit der Folge, dass die Verjährung eintreten könnte, bevor der Anspruch überhaupt geltend gemacht wurde, was bei diesen Fällen zu unbilligen Ergebnissen führen würde. Die abstrakte Gefahr der Anspruchsverjährung, die durch das zeitliche Auseinanderfallen von Anspruchsentstehung und Leistungsaufforderung entsteht, besteht in vergleichbarer Weise für den verhaltenen Anspruch gem. § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB. Entsprechend hat der BGH für 648a BGB den Verjährungsbeginn bestimmt.

Folglich ist der Zeitpunkt der erstmaligen Forderung der Sicherheit der entscheidende Tag für den Beginn der Verjährung.

Die am 25.11.2021 anhängig gemachten Klage erfolgte mehr als drei Jahre nach der ersten Forderung der Bauhandwerkersicherung nach § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB am 15.10.2018 und war damit zu spät, um die Verjährung des Sicherungsanspruchs zu hemmen. Die Verjährung des Sicherungsanspruchs ist jedoch nicht in vollem Umfang von 4.318.313,55 Euro, sondern lediglich in Höhe von 1.443.590,21 Euro eingetreten.

Im weitergehenden Umfang von 2.874.723,34 Euro ist hingegen die Verjährung rechtzeitig durch Klageerhebung gehemmt worden, weil die Klägerin die Sicherheit insoweit erst mit dem zweiten Sicherungsverlangen vom 14. Juni 2021 beziehungsweise mit der Klage selbst geltend gemacht hat.

Fazit

Die Verjährung des Anspruchs auf Bauhandwerkersicherung nach § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB beginnt nur in der jeweils geforderten Sicherheitshöhe taggenau mit Geltendmachung zu laufen, nicht jedoch einheitlich auch für die Sicherung einer übrigen vereinbarten und noch nicht gezahlten Vergütung.

Bei Forderung einer Sicherheit nach § 648 a BGB ist somit am besten zugleich die Frist von drei Jahren ab dem Tag der Forderung zu notieren, um eine Verjährung dieses Anspruchs – wenn auch nur in Höhe einer Teilforderung - rechtzeitig hemmen zu können.

Autor

Eva Hildebrandt-Bouchon, M.A.

Eva Hildebrandt-Bouchon, M.A.

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