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Ein Detail-Pauschalpreisvertrag kann auf Basis der im Leistungsverzeichnis angebotenen Einheitspreise nach Kündigung des Vertrages abgerechnet werden

OLG München, Urteil vom 02.04.2019, 9 U 1683/18 Bau

Die Klägerin (AN) verlangt die Stellung einer Bauhandwerkersicherung in Höhe von EUR 217.390,10 auf Grundlage von § 648a BGB a. F. (nunmehr § 650f BGB). Der Unternehmer wurde mit Teil-Generalunternehmervertrag vom 20.10.2014 mit der Errichtung eines Gebäudes mit Tiefgarage beauftragt. Dem Auftrag lag das Angebot der Klägerin zugrunde, dessen Vergütung sich aus der exakten Summe der innerhalb des Leistungsverzeichnisses angegebenen Einheitspreise ergab. Die Parteien vereinbarten die angebotene Vergütung als Festpreis für die gesamte Vertragslaufzeit und als Entgelt für die Herstellung der Vertragsleistung. Zudem wurde ein Kostenausgleich für Mehr- und Mindermengen infolge etwaig angeordneter Leistungsänderungen vereinbart. Nachdem die Beklagte (AG) die geforderte Bauhandwerkersicherung gemäß § 648a BGB a. F. nicht stellte, wurde der Teil-Generalunternehmervertrag wechselseitig gekündigt. Der Sicherungsbetrag ergibt sich aus einer durch die Klägerin sodann gestellten Schlussrechnung, in der die bereits erbrachten Leistungen nach Einheitspreisen und für nicht erbrachte Leistungen eine Pauschale von 5 % abgerechnet wurde. Die Beklagte wies die Stellung einer Sicherheit in der beantragten Höhe zurück, weil die Klägerin nur entsprechend der Rechtsprechung zum vorzeitig beendeten Pauschalvertrag und nicht nach Einheitspreisen hätte abrechnen dürfen. Zudem ist zwischen den Parteien streitig, ob ein Einheitspreis- oder ein Detail-Pauschalpreisvertrag abgeschlossen wurde. Die Klägerin erhob Klage auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung in der geltenden gemachten Höhe. Das Landgericht München gab der Klage vollumfänglich statt. Die Klägerin hat ihren Werklohnanspruch schlüssig dargelegt, indem die erbrachten von den nicht erbrachten Leistungen abgegrenzt worden seien und die Vergütung anhand der Urkalkulation, die sich aus den bepreisten Leistungsverzeichnissen ergab, bestimmt wurde. Mit ihrer eingelegten Berufung verfolgt die Beklagte die Abweisung der Klage weiter.

Ohne Erfolg! Das OLG München weist zunächst darauf hin, dass die Stellung einer Sicherheitsleistung gemäß § 648a Abs. 1 BGB a. F. nicht an der Kündigung des Vertragsverhältnisses scheitert. Eine dahingehende Beschränkung enthält das Gesetz nicht. Die Beklagte ist zudem entsprechend zu verurteilen, weil die Klägerin ihren Vergütungsanspruch gemäß § 631 Abs. 1 BGB der Höhe nach schlüssig dargelegt hat. Es ist zunächst anerkannt, dass auch im Falle der Kündigung eines Detail-Pauschalpreisvertrages die erbrachten Leistungen entsprechend dem Angebot und unter Berücksichtigung des Verhältnisses von Angebotspreis zu Pauschalpreis abgerechnet werden dürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 21.03.2013, VII ZR 58/12; BGH, Urteil vom 04.07.1996, VII ZR 227/93). Da im vorliegenden Fall der Angebotspreis dem Pauschalpreis bis auf die zweite Nachkommastelle entsprach, war keine prozentuale Preisreduzierung, die sich aus einer Abrundung des Angebotspreises auf den Pauschalpreis ergeben könnte, zu berücksichtigen. Demzufolge durfte die Klägerin, unabhängig davon ob ein Detail-Pauschalpreisvertrag oder ein Einheitspreisvertrag vorlag, entsprechend den angebotenen Einheitspreisen abrechnen. Die geltend gemachte Pauschale in Höhe von 5 % für nicht erbrachte Leistungen ist gemäß § 649 Satz 3 BGB a. F. ebenfalls begründet.

Fazit:

Das OLG München führt im Kern die Rechtsprechung des BGH zur Abrechnung erbrachter Leistungen nach Kündigung eines Detail-Pauschalpreisvertrages, d. h. ein Vertrag dem ein Einheitsangebotspreis mit detaillierten Leistungsverzeichnis zugrunde liegt, fort und bejaht somit im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Abrechnung der erbrachten Leistungen zu den angebotenen Einheitspreisen. Die Klägerin muss demnach nicht ihre erbrachten Leistungen ins Verhältnis zum geschuldeten Gesamterfolg setzen und eine dem erreichten Leistungsanteil entsprechende prozentuale Quote des vereinbarten Pauschalpreises abrechnen. Unternehmer müssen jedoch darauf achten, dass eine etwaige Abrundung der Angebotssumme im Rahmen der Festsetzung des Pauschalpreises im Wege einer entsprechenden prozentualen Reduzierung der Einheitspreise bei der Abrechnung nach Einheitspreisen Berücksichtigung findet.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Einheitspreisabrechnung nach Kündigung des Vertrages jedoch nur im Falle von Detail-Pauschalpreisverträgen möglich, die keine entgegenstehenden Vereinbarungen enthalten. Insoweit darf diese Rechtsprechung nicht unter Außerachtlassung der konkret im Einzelfall getroffenen Vereinbarungen übertragen werden. Es ist nicht von vornherein auszuschließen, dass die Parteien gerade in der Pauschalierung der Gesamtsumme der Einheitspreise von der Einheitspreisabrechnung Abstand nehmen wollten. Deshalb ist eine eingehende Prüfung und Auslegung des Vertrages im Einzelfall, auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BGH, unerlässlich.

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