News | Newsletter | Neues zum Baurecht 01/2018
BGH erleichtert Nachweisvoraussetzungen für Stundenlohnarbeiten
BGH, Beschluss vom 05.01.2017 – VII ZR 184/14
Der BGH setzt sich in seiner Entscheidung mit der Frage auseinander, welche Anforderungen an einen nach Zeitaufwand zu bemessenden Vergütungsanspruch zu stellen sind. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, dass der Auftragnehmer nur darlegen muss, wie viele Stunden er für die vertraglich vereinbarte Leistung aufgewendet hat. Eine Differenzierung, welche Arbeitsstunden für welche Tätigkeiten und an welchen Tagen angefallen sind, ist regelmäßig nicht erforderlich.
Im vorliegenden Fall begehrt der Auftragnehmer (AN) von dem Auftraggeber (AG), einem Formel 1-Rennstall, nach Kündigung durch den AG (§ 649 S. 1 BGB) Werklohn für die bis zur Kündigung erbrachten Werkleistungen.
Der AN führte für den AG Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten an deren Motorhome auf Stundenlohnbasis aus. Nachdem der AG dem AN mitteilte, dass er ein neues Motorhome bauen und die Leistungen des AN nicht mehr in Anspruch nehmen wolle, rechnete der AN für die bereits erbrachten Leistungen ca. 40.000 Euro ab. Als der AG nicht zahlte, erhob der AN Klage vor dem Landgericht. Das Landgericht gab der Klage statt. Auf die Berufung des AG wies das OLG die Klage mit der Begründung ab, der AN habe sein Werklohnanspruch bereits nicht schlüssig dargelegt. Es fehle insbesondere eine zeitliche Zuordnung der Stundenlohnarbeiten. Allein durch Vorlage der Rechnung habe der AN seiner Darlegungslast nicht genügt. Mangels Nachweise sei nicht nachprüfbar, ob die abgerechneten Stunden und die Auslagen dem tatsächlichen Aufwand entsprächen.
Der BGH hat das Urteil des OLG aufgehoben und zurückverwiesen. Die Werklohnforderung ist schlüssig vorgetragen. Entgegen der Auffassung des OLG ist es nicht erforderlich, dass der AN angibt, welche Arbeiten er zu welchem Zeitpunkt mit welchem Stundenaufwand erbracht hat. Zur schlüssigen Begründung eines nach Zeitaufwand zu bemessenden Vergütungsanspruchs bedarf es grundsätzlich nur der Darlegung, wie viele Stunden der Anspruchssteller für die vertraglich vereinbarte Leistung aufgewendet hat. Eine Differenzierung, welche Arbeitsstunden für welche Tätigkeit und an welchen Tagen angefallen sind, ist regelmäßig nicht erforderlich (so bereits BGH, Urteil vom 17. April 2009 – VII ZR 164/07 sowie Urteil vom 28. Mai 2009 – VII ZR 74/06). Es bedarf auch nicht der Vorlage von Stundennachweisen oder sonstigen Belegen.
Bestreitet der AG infolgedessen, dass der AN die abgerechneten Arbeiten erbracht hat, ist hierüber Beweis zu erheben. Hierbei muss der AN aber nicht nachweisen, an welchen Tagen welche Arbeitsstunden erbracht wurden. Vielmehr geht es darum, zu klären, ob die Arbeitsstunden für den vertraglich geschuldeten Erfolg aufgewendet wurden und sich in dem Rahmen bewegten, der laut Auftragsbestätigung von beiden Parteien angesetzt wurde.
Fazit
Die Feststellungen des BGH gelten nur für den BGB-Bauvertrag. In der Praxis treffen den Auftraggeber meist zusätzliche vertragliche Nachweispflichten, beispielsweise wenn die Geltung der VOB/B vereinbart ist. § 15 VOB/B enthält besondere Vorgaben für die Abrechnung von Stundenlohnarbeiten. Sollte die VOB/B jedoch keine Anwendung finden, verbleibt dem Auftraggeber entsprechend der BGH-Entscheidung im Prozess nur die Möglichkeit nachzuweisen, dass die vom Auftragnehmer abgerechneten Stunden im Verhältnis zu den tatsächlich erbrachten Leistungen unangemessen sind bzw. eine unwirtschaftliche Betriebsführung vorliegt. Gelingt ihm der Nachweis oder gibt es zu wenige Anhaltspunkte für eine Beurteilung, kann der Auftragnehmer im Einzelfall dazu verpflichtet werden, differenzierte Leistungsnachweise zu erbringen, um eine sachgerechte Rechtswahrung zu gewährleisten („sekundäre Darlegungslast“; vgl. BGH, Urteil vom 17. April 2009 – VII ZR 164/07).
Im Ergebnis bleibt es also für den Arbeitnehmer ratsam, auch weiterhin schriftliche Belege zum Nachweis der erbrachten Tätigkeiten anzufertigen.