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10.02.2025 Ist ein Schiedsverfahren unzulässig, wenn die Gefahr besteht, dass das Schiedsgericht eine unwirksame Vertragsstrafen-Regelung anwendet?
BGH, Beschluss vom 09.01.2025 - I ZB 48/24
Die Parteien hatten in einem VOB/B Vertrag eine Vertragsstrafe von 10% vereinbart. Sie hatten eine Schiedsvereinbarung getroffen und daneben „in der Sache“ deutsches Recht vereinbart. Gleichzeitig hatten sie ausdrücklich die Regelungen im BGB zum Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen insgesamt ausgeschlossen. Nach deutschem Recht ist eine Vertragsstrafe von 10% in AGB natürlich unwirksam.
Eine der Parteien stellte nun beim Kammergericht Antrag auf Feststellung nach § 1032 Abs.2 ZPO, dass ein schiedsrichterliches Verfahren unwirksam sei. Begründung: Da das Schiedsgericht keine AGB-Kontrolle vorzunehmen habe, drohe die Gefahr, dass das Schiedsgericht die Vertragsstrafen-Regelung anwende, obwohl diese gegen das AGB-Recht verstoße!
Das Kammergericht wies den Antrag zurück. Auf die von der Antragstellerin eingelegte Rechtsbeschwerde, bestätigte der BGH die Entscheidung des Kammergerichts.
Das angerufene staatliche Gericht habe im Rahmen eines Antrags nach § 1032 Abs. 2 ZPO nur zu prüfen, ob eine wirksame Schiedsvereinbarung besteht, diese durchführbar ist und der Gegenstand des Schiedsverfahrens der Schiedsvereinbarung unterfällt. Dies sei vorliegend der Fall. Insbesondere seien die Anforderungen an Form und Inhalt der Schiedsklausel nach § 1029 ZPO erfüllt.
Auf die Wirksamkeit der Regelung zum Verzicht auf eine Anwendung des AGB-Rechts komme es für die Entscheidung nicht an. Die Wirksamkeit der Schiedsklausel sei grundsätzlich unabhängig vom Hauptvertrag und von den übrigen Verfahrensvereinbarungen der Parteien zu würdigen. Und auch wenn der Ausschluss des AGB Rechts selbst unwirksam sei, bliebe der Vertrag im Übrigen wirksam. Denn inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen können auch dann Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein, wenn sie in einem äußeren sprachlichen Zusammenhang mit anderen - unwirksamen - Regelungen stehen. Nur wenn der als wirksam anzusehende Teil im Gesamtgefüge des Vertrags nicht mehr sinnvoll, insbesondere der als unwirksam beanstandete Klauselteil von so einschneidender Bedeutung ist, dass von einer gänzlich neuen, von der bisherigen völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden muss, ergreife die Unwirksamkeit der Teilklausel die Gesamtklausel. Vorliegend bleibe die eigentliche Schiedsvereinbarung aber aus sich heraus verständlich. Eine Unwirksamkeit der Vertragsstrafen-Regelung erfasse die Schiedsklausel daher nicht.
Fazit:
Der BGH stellt fest, dass ein Schiedsverfahren nicht deshalb unzulässig ist, weil die Gefahr besteht, das Schiedsgericht könne eine unwirksame Vertragsstrafen-Regelung anwenden. Dies bedeutet aber nicht, dass eine fehlerhafte Entscheidung des Schiedsgerichts gar nicht durch ein staatliches Gericht überprüft werden kann. Denn ein Schiedsspruch kann etwa nach § 1059 Abs.2 Nr.2 lit b ZPO durch ein deutsches Gericht aufgehoben werden, wenn das Schiedsgericht fehlerhaft eine vertragliche Regelung (Vertragsstrafe) für wirksam hält und dies zu nicht mehr tragbaren Vertragsfolgen führe.
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